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Europa
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Stellungnahme zum Beitritt der zehn Länder bereits am 19. Februar veröffentlicht hatte, stimmte das Europäische Parlament am 9. April 2003 mit absoluter Mehrheit der Beitrittsakte zu. Die notwendige einstimmige Entscheidung des Rates folgte am 14. April.
Am 16. April 2003 unterzeichneten die Vertreter der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer auf dem Gipfel in Athen die Beitrittsakte.
2003/04 soll der Beitritt in allen 15 EU-Staaten und den Bewerberländern (dort inklusive Volksabstimmungen über den Beitritt) ratifiziert werden, wonach am 1. Mai 2004 für jene Länder, die die Ratifizierung erfolgreich abgeschlossen haben, die Mitgliedschaft wirksam wird.
Im Juni 2004 kann die Bevölkerung der neuen Mitgliedsländer an den Europawahlen teilnehmen.
Die Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien wurden unmittelbar nach dem Kopenhagener Gipfel fortgesetzt. Der Europäische Rat in Kopenhagen hat 2007 als Zieldatum vorgesehen, den Beitrittsfahrplan für beide Länder überarbeitet und die Heranführungshilfe um etwa 20 Prozent aufgestockt. Sollten Rumänien und Bulgarien 2007 beitreten, würden beträchtliche Ausgaben bei der Agrar- und Strukturpolitik auf die Europäische Union zukommen. Über die weitere Behandlung der Kandidatur der Türkei soll 2004 entschieden werden.

Ablauf des Beitrittsverfahrens

Nach etwa fünf Jahren haben zehn Länder einen komplizierten Verhandlungsprozess abgeschlossen. Das generelle Beitrittsverfahren ist im Artikel 49 des EU-Vertrags geregelt. Danach kann jeder europäische Staat, der die Grundsätze der EU achtet (Artikel 6,1 EUV; für die Wirtschaftspolitik auch Art. 4,1 EGV), einen Antrag auf Mitgliedschaft stellen. Dieser wird vom Rat an die Kommission zur vorläufigen Stellungnahme weitergeleitet. Sie begründet ihre Einschätzung der Beitrittsreife des betreffenden Bewerberlandes ausführlich.
Der Rat, in dem die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten sind, entscheidet daraufhin einstimmig über die Eröffnung von Verhandlungen, ohne an die Kommissionsempfehlung gebunden zu sein. Sie werden immer bilateral, nicht als Gruppenverhandlungen geführt. Der Ratsvorsitz wird dabei von der Kommission unterstützt. Der Acquis steht nicht zur

Disposition. Vielmehr müssen neue Mitglieder all das in nationales Recht übernehmen und praktisch umsetzen, was zum Zeitpunkt ihres Beitritts als Besitzstand der Union gilt. Auf Antrag sind lediglich befristete Übergangsregelungen möglich. Die EU verfügt zwar über die größere Verhandlungsmacht, ist aber um tragfähige Lösungen bemüht. Nachverhandlungen, welche die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten nach der Erweiterung schwer belasten könnten, sollen so vermieden werden.
Für die Verhandlungen wird der EU-Besitzstand in bislang 31 Kapitel unterteilt. Zu jedem einzelnen von ihnen reichen die Bewerberländer ihre Forderungen nach Übergangsregelungen ein. Die Kommission legt dann dem Rat Entwürfe für einen gemeinsamen Standpunkt der EU, das heißt, aller 15 Mitgliedstaaten, vor. Dies ist häufig der schwierigste Teil der Arbeit, weil die Mitgliedstaaten unterschiedlich stark von den Regelungen für die neuen Mitglieder betroffen sind und mit Rücksicht auf ihre Landwirtschaft, ihr Transportgewerbe, ihre armen Regionen oder allgemein ihre "nationalen Interessen" Position beziehen.
Erst wenn sich die 15 auf einen gemeinsamen Standpunkt geeinigt haben, wird er den Bewerbern übermittelt. Nach und nach werden die Kapitel vorläufig geschlossen, das heißt, es ist nichts endgültig besiegelt, solange nicht die letzte offene Frage einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien geregelt wurde.
Die besonders schwierigen Problempunkte werden normalerweise im Paket und auf höchster politischer Ebene beschlossen, so dass durch "Koppelgeschäfte" insgesamt für jeden ein akzeptabler Kompromiss gefunden werden kann. Diese auch als "Kuhhandel" kritisierte Form der Problemlösung ist durchaus typisch für die EU. Es gilt weniger, die unter sachlichen und finanziellen Gesichtspunkten beste Lösung zu finden, als vielmehr eine, der alle zustimmen können, weil ihre jeweiligen Interessen insgesamt ausreichend berücksichtigt worden sind.
Der Beitrittsvertrag wird zunächst dem Europäischen Parlament zur Ratifizierung vorgelegt, das mit der absoluten Mehrheit zustimmen muss. Der Rat entscheidet, nachdem er nochmals eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat, einstimmig. Dann wird der Beitrittsvertrag von den Vertretern der EU-Mitgliedstaaten und dem jeweiligen Bewerberland unterschrieben. Auch nationale Parlamente haben als Ratifizierungsorgane völkerrechtlicher Verträge in der Regel nur das Recht der Zustimmung oder Ablehnung, aber

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