kommende Wahl zum Reichstag die letzte" sein solle und "eine Rückkehr zum parla- mentarischen System für immer zu ver- meiden" sei. In diesem Sinne setzte die Regierung Hitler zunächst die Praxis der Präsidialkabinette fort. Der Reichskanzler erwirkte vom Reichspräsidenten am 1. Februar die Auf- lösung des Reichstages. Die Begründung der präsidialen Notverordnung, dass "sich die Bildung einer arbeitsfähigen Mehrheit als nicht möglich herausgestellt" habe, war unrichtig, denn die Gespräche mit dem Zentrum über eine "nationale Regierung" auf breiter Grundlage wurden bloß zum Schein geführt. Und Hitler tat alles, um sie scheitern zu lassen. Die Neuwahlen zum Reichstag wurden für den 5. März angesetzt. Damit war der zeitliche und politische Rahmen für die erste Phase der Machtergreifung abgesteckt, die ganz im Zeichen von Aufbruchstimmung und Massenmobilisierung einerseits, von Terror und Entrechtung andererseits standen. Der Wahlkampf war auf den kommenden charismatischen Staatslenker ausgerichtet, auf den "Retter" und "Erlöser", der die Ängste und Sehnsüchte der Wähler mobilisieren konnte und die eigenen Absichten hinter einem Schwall von Mythen und traumatischen Bildern verbarg. Hitlers Wahlkampf wurde unter der Parole "Kampf dem Marxismus" primär gegen die beiden Linksparteien geführt. Das entsprach nicht nur dem eigenen Selbstverständnis, sondern konnte sich der breiten Zustimmung des bürgerlichen Deutschlands und der traditionellen Machtapparate sicher sein. Der gleich nach der Machtübertragung an Hitler von den Kommunisten erfolgte Aufruf zu einem Generalstreik (der kaum befolgt wurde) bot den Vorwand für die Notverordnung des Reichspräsidenten "Zum Schutze des deutschen Volkes" vom 4. Februar. Sie sah massive Einschränkungen der Presse- und Versammlungsfreiheit für den Fall vor, dass eine "unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit" drohe oder dass "Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder lächerlich gemacht werden". Das war so dehnbar formuliert, dass man damit gegnerische Parteien nach Belieben mundtot machen konnte. Bis der immerhin noch vorgesehene Beschwerdeweg beim Reichsgericht ausgeschöpft war, hatte die Verordnung ihren politischen Zweck schon längst erfüllt. Das galt vor allem in Preußen, wo Göring die gnadenlose Verfolgung der politischen Gegner im linken Spektrum eröffnete. Goebbels notierte voller Bewunderung: "Göring räumt in Preußen auf mit einer herzerfrischenden Forschheit. Er hat das Zeug dazu, ganz radikale Sachen zu machen, und auch die Nerven, um einen harten Kampf durchzustehen." Propaganda und Versprechungen Der Wahlkampf, den die Nationalsozialisten mit Rundfunk, Film und Flugzeug bis in die Provinz trugen, war ganz auf Hitler abgestellt. Goebbels machte sich zum ersten Reporter seines "Führers", indem er zentrale Hitler-Kundgebungen einleitete und anschließend im Rundfunk, über den die Nationalsozialisten als Regierungspartei nun verfügen konnten, die Stimmung und Botschaft in jede Wohnstube zu übertragen versuchte. "Welch eine Wendung durch Gottes Fügung", jubelte er, als Hitler am 10. Februar im Berliner Sportpalast auftrat, dessen Tribünen mit den Parolen "Kampf dem Marxismus" versehen waren. Hitlers Rede war voller Drohungen an die politischen Gegner und voller Werbungen an die Wähler, die er pathetisch und ganz im Widerspruch zur Entschlossenheit, die einmal gewonnene Macht nicht aufzugeben, beschwor: "Deutsches Volk! gib uns vier Jahre Zeit - dann richte und urteile über uns. Deutsches Volk, gib uns vier Jahre,
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und ich schwöre dir, so wie ich dieses Amt antrat, tat ich es nicht um Gehalt und Lohn, ich tat es um deiner selbst willen." Um diese verführerische Behauptung einer Identität von Führer und Volk zu bekräftigen, schloss er mit quasi-religiösen Verheißungen auf ein "Deutsches Reich der Größe und der Ehre und der Kraft und der Gerechtigkeit" und einem anschließenden "Amen". Die nicht-nationalsozialistische Presse suchte die Phrasenhaftigkeit und Verlogenheit solcher Hitler-Auftritte zu enthüllen, wenn sie daran nicht mit scheinlegaler Gewalt gehindert wurde. "Wieder die gleichen Anklagen und Versprechungen" überschrieb die Bayerische Volkszeitung einen Bericht. "Der kritische Zuschauer aber verlässt den Saal enttäuscht über die Rede des ,Volkskanzlers'." Doch was zählte in einer solchen emotionalen Situation ein Programm? Werbung und Einschüchterung prägten bereits im Februar 1933 die national- sozialistische Politik der Machteroberung, aber noch gab es einige rechtsstaatliche Dämme. Der terroristische Druck auf die Parteien der politischen Linken und das Zentrum mussten bis zum Wahltag genügen. Die endgültige Abrechnung mit dem politischen Gegner und der Demokratie war in Hitlers Kalkül auf später zu verschieben. "Wir müssen erst die ganzen Machtmittel in die Hand bekommen", hatte Hitler in seiner Rede vor den Industriellen am 20. Februar angekündigt, "wenn wir die andere Seite gar zu Boden werfen wollen." Reichstagsbrand Ein unvorhersehbarer Zufall kam zu Hilfe, um dieses Vorgehen noch vor dem Wahltag zu ermöglichen und den scheinbaren Beweis für den kommunistischen Umsturzversuch zu liefern, den die Nationalsozialisten für die Rechtfertigung einer verschärften Repressionspolitik gebrauchen konnten. In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 brannte der Berliner Reichstag. Gegen 21 Uhr war der Brand bemerkt worden, um 21.27 Uhr wurde der holländische Anarchist Marinus van der Lubbe im Bismarcksaal des brennenden Gebäudes festgenommen.
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