Wilhelminische Zeit Der Zeitabschnitt von 1890, dem Jahr der Entlassung Bismarcks, bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 wird in den Geschichtsbüchern das >>Zeitalter des Imperialismus<< genannt. Der Imperialismusbegriff erscheint aus weltgeschichtlicher Sicht zweifellos angebrachter. Er deutet auf das diese Epoche charakterisierende Streben der europäischen und der neuen, außereuropäischen Großmächte (USA, Japan) hin, im Wettlauf miteinander sich durch den Erwerb überseeischer Kolonien eine Weltmachtposition aufzubauen. Aus deutscher Sicht ist auch die mit dem Namen des Kaisers verbundene Bezeichnung gerechtfertigt. Die von Bismarck stets befürchtete, aber mit seinem kunstvollen Bündnissystem geschickt verhinderte Entwicklung war Wirklichkeit geworden. Das auf Revanche sinnende, bisher isolierte Frankreich gewann einen Bündnispartner, die Gefahr eines Zweifronten-krieges war für das Reich nun nicht mehr auszu-schließen. Aber weder der Kaiser noch die Reichs-regierung trafen Anstalten, nun auf die britische Karte zu setzen. Der Kaiser tat das seine dazu, durch großsprecherische und ungeschickte Äußerungen die Briten vor den Kopf zu stoßen. Der Anschluss Großbritanniens an die französisch-russische Entente war die logische Folge des deutschen Fehlverhaltens. So blieb dem Deutschen Reich als einziger Bündnispartner nur der habsburgische Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn, aber gerade die unglückselige Verstrickung der Donaumonarchie in die hochexplosiven Balkankonflikte riss das Reich nach dem Mord von Sarajewo in die Strudel der unentwirrbaren Interessengegensätze und nationalen Leidenschaften, aus denen schließlich, von niemandem gewollt, von allen Großmächten aber einkalkuliert, der große Krieg entstand. Die Be- geisterung, mit der der Krieg in allen beteiligten Völkern begrüßt worden war, erlosch sehr bald im Grauen der Materialschlachten. Mit dem Kriegseintritt der USA und dem politisch-militärischen Zusammenbruch Russlands wurde das Jahr 1917 Krise und Wendepunkt des ersten Weltkrieges. Aber erst nachdem der Versuch, mit der Frühjahrsoffensive 1918 doch noch die militärische Entscheidung zu erzwingen, gescheitert war, gab Ludendorff die Aussichtslosigkeit der Fortsetzung des Kampfes zu, verlangte jetzt plötzlich die sofortige Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen und verordnete selbst die seit Kriegsbeginn überfällige Parlamentarisierung der Verfassung. In Compiègne unterschrieb der deutsche Delegationsführer, der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger, den Waffenstillstandsvertrag, der einer politischen und militärischen Kapitulation gleichkam. An allen Fronten schwiegen die Waffen, der mörderischste Krieg, den die Weltgeschichte bisher erlebt hatte, war zu Ende. |