geregelt. Eine Erlaubnis galt immer nur für einen bestimmten Arbeitsplatz und wurde nur für ein Jahr erteilt - bei Entlassung oder Kündigung erlosch sie sofort. Erst mit dem Inkrafttreten des Arbeitsförderungsgesetzes 1969 und der Arbeitserlaubnisverordnung 1971 änderten sich diese Bestimmungen. Arbeitserlaubnisse gab es nun je nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes; sie konnten jederzeit wieder entzogen werden. Bis Mitte der sechziger Jahre kamen die meisten Gastarbeiter aus Italien, danach wuchs vor allem die Zahl türkischer Arbeitnehmer. Insgesamt stieg die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer von rund 330.000 im Jahr 1960 über 1,5 Millionen 1969 auf 2,6 Millionen 1973. Wachstum Zwischen 1950 und 1960 stieg der Index des Bruttosozialprodukts von 100 auf 215; in Preisen von 1954 ausgedrückt, bedeutete dies einen Anstieg von 113 auf 235 Milliarden DM. Die jährlichen Steigerungsraten betrugen durchschnittlich 7,6 Prozent; ein Rekordergeb- nis mit 11,5 Prozent wurde 1955 erreicht. Im selben Zeitraum wuchs die Industrieproduktion um 149 Prozent, die für den Export wichtige Investitionsgüterindustrie verzeichnete sogar einen Zuwachs von über 220 Prozent. Die Investitionen stiegen von 1952 bis 1960 um 120 Prozent. Der Wert der Aus- und Einfuhren verdoppelte sich von 17 auf 37 bzw. 16 auf 31 Milliarden DM. Dieses außergewöhnliche Wachstum lässt sich folgendermaßen erklären: Die Währungs- und Wirtschaftsreform hatte ihm den Boden bereitet, die Exporterfolge aufgrund des internationalen Korea-Booms gaben ihm die wesentlichen Impulse, und die Investitionen verliehen ihm Beständigkeit. Dass die Bundesrepublik die Chance, welche der Export Anfang der fünfziger Jahre bot, auch tatsächlich nutzen konnte, verdankte sie ihrer auf die spezifischen Weltmarktbedürfnisse zugeschnittenen Industriestruktur, den großen Kapazitätsreserven sowie der großen Zahl hochqualifizierter und hochmotivierter Arbeits- kräfte. Zusätzlich profitierte die westdeutsche Industrie davon, dass die westlichen Länder während des Korea-Krieges ihre Rüstungs- produktion auf Kosten des zivilen Sektors ausbauten. Da der Wiedereinstieg in das Rüstungsgeschäft durch alliierte Verbote zunächst blockiert war, konnten sich die
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westdeutschen Unternehmen darauf konzentrieren, die Auslandsnachfrage nach Investitions- und Konsumgütern zu befriedi- gen. Ihre Produkte waren aber auch deshalb attraktiv, weil sie nicht in - überall in Westeuropa knappen - Dollars bezahlt werden mussten. So wuchs das Ausfuhrvolumen beispielsweise nach Frankreich zwischen 1952 und 1958 von 1 auf 2,1 Milliarden und nach Großbritannien von 900 Millionen auf 1,4 Milliarden DM. Wirtschaftsordnung Wichtigste Voraussetzung einer marktwirt- schaftlich-sozialstaatlichen Ordnung war nach Ansicht Ludwig Erhards und seiner Anhänger ein funktionierender Leistungswettbewerb, der andere als marktkonforme oder aus sozialen Gründen gebotene staatliche Eingriffe ebenso ausschloss wie privatwirtschaftlichen Dirigis- mus. Unmittelbar nach der Amtsübernahme ging Bundeswirtschaftsminister Erhard deshalb daran, dafür den gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Der Streit mit der Industrie um eine Anti-Kartell-Gesetzgebung konzentrierte sich bald auf die Frage, ob ein prinzipielles Kartellverbot angestrebt werden sollte oder lediglich, wie die Industrie wünschte, eine Missbrauchsregelung für den Fall, dass Kartelle sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften hielten oder den Wettbewerb völlig unterbanden. Wegen des anhaltenden Streits zwischen Erhard und der Industrie konnte das ”Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen” erst 1957 im Bundestag verabschiedet werden. Ungeachtet eines generellen Kartellverbots wurden zahlreiche Ausnahmen erlaubt: Konditionen-, Strukturkrisen-, Rationalisierungs-, Export- und Importkartelle; alle anderen Kartelle bedurften der Genehmi- gung des Wirtschaftsministers. Beide Seiten hatten also Abstriche hinnehmen müssen. Aufgrund seines Kompromisscharakters und weil es keine Handhabe gegen Unternehmens- zusammenschlüsse bot, vermochte das Kartellgesetz den in den sechziger Jahren einsetzenden Rekonzentrationsprozess nicht nennenswert zu stören. Dass die westdeutsche Industrie in den folgenden Jahrzehnten dennoch wettbewerblich organisiert und damit im großen und ganzen auch wettbewerbsfähig blieb, war eher dem internationalen Konkur- renzdruck zu verdanken. Obgleich die Rede vom ”Grundgesetz” der Sozialen Marktwirt- schaft vor diesem Hintergrund übertrieben erscheint, dürfte die langanhaltende öffentliche Debatte das ordnungspolitische Selbstver- ständnis der Bundesrepublik entscheidend geprägt haben. Durchschnittliche Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts von annähernd acht Prozent könnten den Eindruck einer wirtschaftlichen Dynamik entstehen lassen, die keinerlei steuernder Eingriffe bedurft hätte. Konjunkturfördernde Maßnahmen waren in den fünfziger Jahren in der Tat kaum erforderlich, konjunkturdämpfende allerdings sehr wohl: Die große Herausforderung bestand in der ”Meisterung der Hochkonjunktur”, wollte man den gewohnten, große wirtschaftliche und soziale Probleme erzeugenden Zyklus von Boom, Abschwung, Krise und Aufschwung endlich überwinden. Der Bundeswirtschafts- minister suchte dieser Aufgabe in Zusam- menarbeit mit der Bank deutscher Länder bzw.
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