Ende der fünfziger Jahre erstmals der sogenannte ”elastische” den sogenannten ”starren Bedarf” (Nahrungsmittel, Wohnung, Heizung und Beleuchtung). Die Summe der - in engen Grenzen - wahlweise für verschiedene Zwecke einzusetzenden Ausgaben wuchs an, in vielen Haushalten eine völlig neue Erfahrung. Langlebige Gebrauchsgüter Aber noch auffälliger war in den fünfziger Jahren der steile Anstieg der Sparquote (Anteil des gesparten an der Summe des verfügbaren Einkommens), die sich im Laufe des Jahrzehnts in etwa verdreifachte und 1960 bei 8,7 Prozent lag; das Bausparen verzwölffachte sich sogar. Man könnte die fünfziger Jahre pointiert als Jahrzehnt des Sparens bezeichnen. Bewusst wurde in vielen Haushalten auf vieles verzichtet, was man sich mit dem gesteigerten Einkommen hätte leisten können. Es handelte sich aber nicht um Konsumverzicht, sondern um die Konzentration auf die wichtigsten Wünsche wie die Erlangung der Wohnung oder des eigenen Heims und die Anschaffung langlebiger Konsumgüter. Der Ausstattungsgrad mit solchen Gütern war in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre noch sehr niedrig. Nach einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie verfügten 1953 neun Prozent aller Haushalte über einen Kühlschrank und 26 Prozent über einen Staubsauger, 1962/63 waren es - laut Einkommens- und Verbrauchsstichproben des Statistischen Bundesamtes - 52 Prozent bzw. 65 Prozent. Und ähnlich verhielt es sich mit den Steigerungsraten vieler anderer Geräte, die zum größten Teil aber erst seit dem Ende der fünfziger Jahre angeschafft werden konnten. Vor allem der Kauf eines Personenkraftwagens, für viele Berufspendler unabdingbare Notwendigkeit oder attraktive Alternative zur Fahrt in überfüllten Vorortzügen, rückte nun erst für breitere Schichten in den Bereich des Möglichen. Während 1959 jeder vierte Angestellten- und Beamten- und sogar erst jeder achte Arbeiterhaushalt über ein eigenes Auto verfügte, besaß bereits drei Jahre später ein Drittel aller Arbeitnehmerhaushalte einen ”fahrbaren Untersatz” - überwiegend einen erschwinglichen Kleinwagen. Obwohl sich die Zahl der zugelassenen Personenkraftwagen schon während der fünfziger Jahre verachtfacht hatte, stand Westdeutschland mit vier Millionen zugelassenen Fahrzeugen 1960 erst am Beginn eines Automobil-Booms. Sehr weit entfernt scheinen uns die fünfziger Jahre hinsichtlich des geringen
|
|
Ausstattungsgrades mit einem heute obligatorischen Kommunikationsmedium zu sein, denn 1960 gab es erst in 14 Prozent aller Haushalte ein Telefon. Lebensstil und Freizeit In allen Untersuchungen zur Freizeit in den fünfziger Jahren wurde als auffälligster Grundzug die ausgeprägte Häuslichkeit und das Beisammensein innerhalb der Familie betont. Der private Rückzug prägte nicht nur den werktäglichen Feierabend, sondern auch das lange Wochenende. Arbeit in Haus und Garten, die Lektüre der Tageszeitung und das Radio bildeten das Zentrum der Freizeit. Die Verstärkung nachbarlicher Bindungen, welche die Soziologen und Städteplaner sich von den Siedlungen des sozialen Wohnungsbaus erhofft hatten, wollte sich nicht einstellen, und auch in den neuen Eigenheimvierteln der Vor- und Satellitenstädte lebten die meisten Familien eher für sich. Für den besonders ausgeprägten Hang zum Familiären und Privaten gab es verschiedene Gründe. Vor allem ist der sehr lange Arbeitstag (Arbeitszeit plus Arbeitswegzeit) anzuführen. Wer zwischen sechs und sieben Uhr morgens aufstand und zwischen 18 und 19 Uhr abends nach Hause zurückkehrte - dies sind die Mitte der fünfziger Jahre ermittelten Durchschnittswerte für die erwerbstätige Bevölkerung - der suchte zunächst einmal Ruhe. Außerdem lag die Trennung vieler Familien durch die Abwesenheit des Vaters als Soldat und in der Gefangenschaft, der Söhne und Töchter durch die Evakuierung im Krieg, durch Ausbombung und Wohnungsnot noch nicht lange zurück. Das Anwachsen des Wohlstands und der zur Verfügung stehenden Freizeit änderte zunächst wenig an der vorherrschenden Häuslichkeit, die durch steigenden Komfort immer attraktiver wurde, nicht zuletzt durch die Ausstattung mit elektronischen Massenmedien. Die wichtigste außerhäusliche Unternehmung bildete für einen kleineren Teil der Bevölkerung der Sport. Etwa ein Viertel betätigte sich regelmäßig oder gelegentlich sportlich. Die Mitgliederzahl der Sportvereine erhöhte sich von vier Millionen (1954) auf 4,8 Millionen (1959). Etwa 40 Prozent davon waren Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Der Vereinssport stellte in den fünfziger Jahren eine männliche Domäne dar. Nur etwa ein Siebtel der erwachsenen Mitglieder waren Frauen. Die fünfziger Jahre gelten als das deutsche Kinojahrzehnt. Allerdings hatte die Zahl der Kinobesuche mit 490 Millionen (das heißt etwa zehn je Einwohner) 1950 noch längst nicht den
|