Preissenkungen bei den bewusst überteuerten HO-Waren wurde eine Annäherung und letztlich eine Verschmelzung der beiden staatlich gesteuerten Preisebenen (Karten- und HO-Preise) angestrebt. Das Instrument der Preissenkung zur Beeinflussung des privaten Konsums wurde aber - noch dazu bei offener Grenze und starker Westmark - gegen Mitte der fünfziger Jahre zusehends unbrauchbarer. Zu diesem Zeitpunkt war der Westen Deutschlands der eigentliche Gradmesser für die Lebenslage der DDR-Bevölkerung geworden. Das erkannte schließlich auch die SED-Führung und verkündete im Juli 1958 die ”ökonomische Hauptaufgabe”, Westdeutschland bis 1961 im Pro-Kopf-Verbrauch aller wichtigen Lebensmittel und Konsumgüter zu überholen. Schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit war es deshalb im Vorfeld notwendig geworden, die letzten Relikte des Rationierungssystems abzuschaffen. Damit endete am 29. Mai 1958 eine seit dem 27. August 1939 andauernde ununterbrochene Periode der Lebensmittelrationierung. Die endgültige Aufhebung der Rationierung traf jedoch nicht auf die uneingeschränkte Zustimmung der Bevölkerung, da die neuen Preise etwas über den Kartenpreisen lagen. Die Wogen der Unzufriedenheit in der Bevölkerung glätteten sich aber, als den schlechter Verdienenden die entstandenen Mehrbelastungen finanziell ausgeglichen wurden. Lebenslage Gemessen am Nahrungsmittel- und Güterverbrauch hatte sich die Lebenslage der Bevölkerung seit der Gründung der DDR deutlich verbessert. Im Bereich der Grundnahrungsmittel konnte das Verbraucherniveau der Vorkriegszeit (1936) wieder erreicht bzw. überschritten werden. Am Ende der fünfziger Jahre zeigte sich - wenn auch in viel geringerem Umfang - eine ähnliche Veränderung im Verbraucherverhalten der Bevölkerung wie im Westen Deutschlands. Die Anschaffung langlebiger technischer Konsumgüter wie Waschmaschinen, Kühlschränke, Fernsehempfänger, Personenkraftwagen und Motorräder spielte eine zunehmende Rolle. Die Motive für die Arbeitsleistungen der Menschen in Ost und West stimmten zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend überein. In der Regierung wurde, mit besorgtem Blick auf die Bedarfsdeckung, der größer werdende Kaufkraftüberhang und das Zwecksparen auf hochwertige Konsumgüter aufgrund der
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inflationären Tendenzen misstrauisch beobachtet. Immerhin waren die Spareinlagen bei den Kreditinstituten der DDR zwischen 1950 und 1961 auf das über 15fache angewachsen. Auch die Nettogeldeinnahmen eines durchschnittlichen Arbeiter- und Bauernhaushaltes verdoppelten sich von 1949 bis 1960. Doch sowohl bei Nahrungsmitteln als auch bei Konsumgütern bedeutete die rasch wachsende Kaufkraft der DDR-Bevölkerung im Verlauf der fünfziger Jahre, dass die Möglichkeiten der staatlichen Bedarfsdeckung trotz eines zunehmenden Handelsvolumens oftmals überschritten wurden. Zusätzlich hatte die Kollektivierung zu Engpässen in der Lebensmittelversorgung geführt. Schwer lastete die ungenügende Ausstattung mit Wohnraum auf der Bevölkerung. Wohnungen waren Mangelware erster Ordnung. Zwar wuchs die Zahl der Wohnungen von 1950 bis 1961 absolut um etwa 500000 an, doch eine Entlastung bedeutete dieser Zuwachs keinesfalls, da die Zahl der wegen Baufälligkeit gesperrten Wohnungen etwa der Zahl der neugebauten und instandgesetzten Wohnungen entsprach. Erst in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre begann die Zahl der neugebauten Wohnungen erkennbar zuzunehmen. Am Ende der fünfziger Jahre resultierte außerdem die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu etwa 50 Prozent aus der Westabwanderung. In der Gesamtsicht blieb der Wohnungsneubau jedoch auf einige größere Städte wie Ostberlin und den Werkswohnungsbau der neuerrichteten Industriestandorte (Eisenhüttenstadt oder Neu-Hoyerswerda) beschränkt. Die Vernachlässigung des Wohnungsbaus in der DDR wird noch deutlicher, wenn die Entwicklung in der Bundesrepublik zum Vergleich herangezogen wird. Dort hatte die Bundesregierung 1950 den Bau von 1,8 Millionen Wohnungen bis 1965 vorgesehen, gebaut wurden 3,1 Millionen. Während im Bereich des Konsums - abgesehen von den deutlichen Niveauunterschieden - im wesentlichen die westdeutsche Entwicklung nachempfunden wurde, gelang es der SED-Führung bei der medizinischen Versorgung und Kinderbetreuung schon in den fünfziger Jahren eigene Wege gegenüber Westdeutschland zu gehen. Die durch den Krieg und die Nachkriegszeit entstandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen begannen sich vielfach bereits in den fünfziger Jahren ernsthaft auszuwirken. Die jahrelange Mangel- und Fehlernährung erhöhte die Infektionsanfälligkeit der Bevölkerung. Krankheiten wie die Tuberkulose breiteten sich aus. Andererseits blieben schleichende Krankheiten wie die Zuckerkrankheit oder Bluthochdruck oftmals über Jahre unerkannt.
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