ostdeutschen Länder automatisch Teil der EG. Diese schnelle "Erweiterung ohne Beitrittsverhandlungen" blieb aber ein Sonderfall. Für die übrigen Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts begannen 1988/89 schrittweise und individuell ausgebaute Beziehungen der Kooperation und Assoziierung. Die Gründung einer EG des Ostens stellte dabei zu keinem Zeitpunkt eine realistische oder von den mittel- und osteuropäischen Staaten politisch gewollte Alternative dar. Die prinzipiell bilateral ausgerichtete Vertragspolitik der EU führte in den neunziger Jahren zu einem auf Brüssel zentrierten System, das die wirtschaftliche und politische Vernetzung oder gar Integration der Vertragsparteien untereinander vernachlässigte. Multilaterale Kooperationsinitiativen nahmen die MOE-Länder nur zögerlich wahr und betonten immer wieder, dass diese keinen Ersatz für den EU-Beitritt darstellen sollten. Europaabkommen Bevor die Erweiterung jedoch auf der konkreten Tagesordnung stand, setzte die Europäische Union gegenüber den MOE-Staaten zunächst im Rahmen einer länderspezifischen und schrittweisen Vertragspolitik ihre traditionellen Instrumente der Marktöffnung, der finanziellen Unterstützung und des politischen Dialogs ein. So sahen Handels- und Kooperationsabkommen lediglich die Meistbegünstigung vor, gewährten also wechselseitig jene handelspolitischen Vorteile, die die Vertragspartner auch anderen Drittstaaten eingeräumt hatten. Mit den Europaabkommen begründeten die EG und das assoziierte Land darüber hinaus eine schrittweise ausgebaute Freihandelszone für Industrieprodukte. Für diese wechselseitige Marktöffnung, bei der die EU mit dem Abbau der Zölle und Beschränkungen voranging, wurde ein Zeitraum von maximal zehn Jahren vorgesehen. Mittlerweile sind auch in den sensiblen Bereichen Stahl, Kohle und Textilien die Zölle und mengenmäßigen Begrenzungen beseitigt worden. Von Anbeginn bemängelten kritische Stimmen die geringfügige Öffnung des EU-Markts für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus den MOE-Staaten und die protektionistische Praxis der EU in diesem wie anderen sensiblen Bereichen. Allerdings räumen die Europaabkommen auch den assoziierten Staaten die Möglichkeit ein,
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Sektoren vorübergehend vor ausländischer Konkurrenz zu schützen, die sich, wie zum Beispiel die Mineralölindustrie oder die Schwerindustrie, im Prozess der Umstrukturierung befinden. Die Europaabkommen bereiteten auf breiter Front, zum Beispiel in den Bereichen Wettbewerbspolitik, freier Warenverkehr, Normen und Standards des Binnenmarkts sowie Niederlassungsfreiheit, die Übernahme des gesamten rechtlichen und politischen Besitzstandes der EU (Acquis communautaire) vor. Mit dem Ziel der EU-Mitgliedschaft stiegen jedoch die Anforderungen an die Umsetzungskapazitäten und die daraus erwachsende Qualität der Übernahme des Acquis, der dann - gegebenenfalls nach Ablauf von Übergangsfristen - ausnahmslos Anwendung finden muss. In den bilateralen Europaabkommen mit den MOE-Staaten wurde der institutionalisierte politische Dialog erstmals rechtlich verbindlich verankert. Er findet jährlich auf Ministerebene im Assoziationsrat und zweimal pro Jahr auf Ebene hoher Beamter im Assoziationsausschuss statt. Die Europaabgeordneten treffen sich ebenfalls zweimal jährlich in einem gemeinsamen Ausschuss mit Parlamentsangehörigen der assoziierten Länder. So entwickelt sich ein enger politischer Austausch. Seit Mitte der neunziger Jahre wurden die Europaabkommen zunehmend als Instrumente zur praktischen Beitrittsvorbereitung genutzt. Für die Beitrittsländer, die nicht in der ersten Erweiterungsrunde berücksichtigt werden (Bulgarien, Rumänien), bleiben sie das Rückgrat der vertraglichen Beziehungen zur Europäischen Union. Stationen der Erweiterung Die EU-Erweiterungspolitik verlief in den neunziger Jahren schrittweise und richtete sich nach den Entscheidungen des Europäischen Rats. Sie gründeten meist auf Vorschlägen und Vorarbeiten der Europäischen Kommission, die zusammen mit einigen Mitgliedstaaten wie Deutschland, Großbritannien und den skandinavischen Ländern zum Motor der Erweiterung wurde. Den Startschuss gab der Gipfel in Kopenhagen 1993. Dort verkündeten die Staats- und Regierungschefs die politische Bereitschaft zur Aufnahme der assoziierten mittel- und osteuropäischen Länder. Diese Zusicherung wurde jedoch an die Erfüllung von Beitrittskriterien geknüpft. Diese so genannten Kopenhagener Kriterien beruhen auf den
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