FDJ und Pionierorganisation In der sowjetischen Besatzungszone versuchte die SED, die Bevölkerung zunehmend in ihrem Sinne zu organisieren. Neben den Parteien geschah dies vor allem durch die Massenorganisationen wie den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB), die Freie Deutsche Jugend (FDJ), den Demo- kratischen Frauenbund Deutschlands (DFD), den Kulturbund (KB), die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und den Verband der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB), wobei die Beschlüsse der SED für die Massenorganisationen, deren Funktionäre zumeist auch der SED angehörten, verbindlich waren. Die FDJ ging aus den antifaschistischen Jugendausschüssen hervor, die im Juni 1945 in der sowjetischen Besatzungszone geschaffen worden waren, sie war Mitglied des WBDJ (Weltbund der demokratischen Jugend), gehörte außerdem dem ISB (Internationaler Studentenbund) an und wurde am 7. März 1946 formell gegründet. Der Eintritt in die FDJ war zwar freiwillig, aber eine Verweigerung konnte Ansehen und Karriere schaden, weil die FDJ bei der Vergabe von Abitur-, Studien- und Arbeitsplätzen mitwirkte und man beispiels- weise schlechtere Beurteilungen wegen mangelnder ”gesellschaftlicher Arbeit” erhielt oder von bestimmten Gemeinschaftserleb- nissen ausgeschlossen wurde. Die Jugendlichen sollten ab dem 13./14. (bis ca. 27., danach als „Freunde der Jugend“) Lebensjahr Mitglied der FDJ werden. Die FDJ-Kleidung war eine blaue Bluse "Blauhemd" mit einem Sonnenemblem auf dem linken Ärmel. Der Gruß der FDJler war ein gesprochenes „Freundschaft“. Die alltägliche Jugendarbeit fand in den Schulen statt: für die sechs- bis 14-Jährigen durch die Pionierorganisation, danach durch die FDJ. Häufig erfolgte der feierliche Beitritt in die jeweilige Organisation im Klassenverband.
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Die zahlreichen und vielfältigen Freizeit- angebote schufen einen Ausgleich für die häufig als steril empfundenen politischen Veranstaltungen, die es als lästige Pflicht- übungen zu absolvieren galt. Die Indok- trinierung der Kinder durch die SED vollzog sich unauffällig und meist undramatisch. Wichtiges Anliegen der FDJ war auch die ”sozialistische Wehrerziehung”, für die sie mit der 1952 gegründeten ”Gesellschaft für Sport und Technik” (GST) in der ”wehrsport- lichen Erziehung und vormilitärischen Ausbildung” zusammenarbeitete. In der GST konnten Jugendliche ab 14 Jahren sogenannte ”Wehrsportarten” (Wehrkampfsport, Sport- schießen, Sporttauchen, Flugsport, Fallschirmspringen u.ä.) praktizieren, sie wurden mit den ”militärpolitischen Grundsätzen” der DDR bekannt gemacht und erhielten die Möglichkeit, begehrte Führerscheine fast kostenlos zu erwerben. Allgemeines Ziel war es, die Jugend in den Marxismus-Leninismus einzuführen. Die FDJ verstand sich dabei offiziell als Kampfreserve der SED, da die Partei keine eigene Jugendorganisation hatte, und entfaltete demgemäss ihre Aktivitäten. Eine Sonderfunktion nahm der Zentralrat der FDJ in Berlin Unter den Linden ein. Er bestand aus etwa 120 bis 130 Mitgliedern, die vom Parlament der FDJ gewählt wurden. Das eigentliche Exekutivorgan war das wiederum vom Zentralrat gewählte Sekretariat, das aus 13 Sekretären bestand und vom Ersten Sekretär geleitet wurde. Der Vorsitzende der Pionierorganisation war zugleich einer der Sekretäre im FDJ-Zentralrat. Erste Sekretäre des Zentralrates der FDJ waren u.a. Erich Honecker und Egon Krenz, zum Zeitpunkt der Wende Eberhard Aurich. Zahlreiche spätere SED-Funktionäre begannen ihre Karriere in der FDJ als „Berufsjugend- liche“, so z.B. Paul Verner, Erich Honecker, Egon Krenz, Wolfgang Herger, Joachim Herrmann, Hans Modrow und Wolfgang Berghofer. Im Apparat des Zentralrates waren etwa 400 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt.
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