Prozent der Vorkriegsproduktion begrenzt. Das Ergebnis der Verhandlungen im Kontrollrat wurde am 26. März 1946 in Gestalt des Industrieniveau-Plans festgeschrieben. Damit war bestimmt, welchen Umfang die deutsche Nachkriegswirtschaft haben durfte und welches Ausmaß der Kapazitätsabbau zugunsten der Reparationslieferungen haben würde. Im Anschluss wurde eine Liste der zu demontie- renden Betriebe veröffentlicht. Als Grundsatz galt die Aufrechterhaltung eines mittleren Lebensstandards in Deutschland, der den durchschnittlichen Lebensstandard in Europa (ausgenommen Großbritannien und Sowjetunion) nicht übersteigen durfte, und nach der Zahlung der Reparationen sollte Deutschland sich selbst erhalten können. Nicht nur wegen des Selbstbedienungsverfahrens, das schon vor der Verabschiedung des Industrieplans in allen Zonen begonnen hatte und namentlich im Osten und Südwesten Deutschlands fortgesetzt wurde, war der Plan freilich bald Makulatur. Außer der Sowjetunion und Polen gab es 18 Staaten mit Reparations- ansprüchen an Deutschland, die aus den Westzonen befriedigt wurden. Auf der Pariser Reparationskonferenz (9. November bis 21. Dezember 1945) wurden die Quoten festgelegt, die auf die einzelnen Staaten entfielen und deren Verteilung ab 1946 die Interalliierte Reparationsagentur in Brüssel vornahm. Hilfsprogramme für Europa Aber noch während deutsche Fabrikanlagen zerlegt und abtransportiert wurden, vollzog sich in Amerika endgültig die Wende zu einer neuen Deutschlandpolitik. In einer berühmt gewordenen Rede propagierte der ameri- kanische Außenminister George C. Marshall im Juni 1947 vor Studenten der Harvard-Universität ein umfassendes Hilfsprogramm für Europa, das im folgenden Jahr in die Tat umgesetzt wurde. Weniger Nächstenliebe als Einsicht in ökono- mische Notwendigkeiten und in eine langfristi- ge politische und wirtschaftliche Strategie hatten Amerikas Politiker zu der Hilfsaktion des European Recovery Program (ERP)- wie die offizielle Bezeichnung des Marshall-Plans lautete - bewogen. An die Stelle punktueller Unterstützungsmaßnahmen trat nun die Strategie, durch Kredite die Volkswirtschaften Westeuropas zu eigener Güterproduktion zu befähigen. Gleichzeitig wurden die Empfänger gezwungen, ihre Volkswirtschaften aufeinander abzustimmen. Damit sollten ein für allemal die Kriegsfolgen überwunden werden. Der Marshall-Plan bezweckte auch die Abwehr kommunistischer Einflüsse auf die notleidende Bevölkerung Europas durch wirtschaftliche Immunisierung; Ziel war ebenso die lang- fristige Sicherung von Absatzmärkten für die
|
|
amerikanische Wirtschaft. Die amerikanischen Politiker erwiesen sich insofern als gute Kauf- leute, als sie zunächst hohe Investitionen und Verluste nicht scheuten, und sie vertrauten auf die Überlegenheit des kapitalistischen Systems. Mit Hilfe der amerikanischen Devisen konnten Rohstoffe importiert werden. Die Teilnahme am Marshall-Plan war auch - noch vor der Gründung der Bundesrepublik - der erste Schritt zur Integration Westdeutschlands in das westliche Wirtschaftssystem. Zusammen mit den schon früher gewährten Unterstützungen zur Überwindung der unmittelbaren Not flossen bis 1952, dem Ende der ERP-Ära, rund drei Milliarden Dollar nach Westdeutschland. Ohne diese Hilfe hätte das deutsche "Wirtschafts- wunder" zum mindesten länger auf sich warten lassen. Selbst unter Berücksichtigung der amerikanischen Eigeninteressen muß man die wirtschaftliche Hilfe des Marshall-Planes sehr hoch einschätzen. Die Einladung an Deutschland zur Teilnahme am Marshall-Plan, dem European Recovery Program (ERP), bedeutete für die Westzonen die Chance zur wirtschaftlichen Erholung. Dass sich die sowjetische Besatzungszone, ebenso wie die Tschechoslowakei, auf Druck Moskaus nicht beteiligen durfte, hatte schwerwiegende Folgen: Sie wurde aus dem Wirtschaftssystem der Westzonen endgültig ausgegrenzt. Die Neuordnung der Währung war Voraus- setzung der wirtschaftlichen Sanierung. Sie musste nicht nur die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Geldmenge und Volksvermögen erreichen, eine Entscheidung über das Schicksal der deutschen Währung war kaum möglich ohne eine Entscheidung über die künftige Wirtschaftsordnung. Für die wirtschaftliche und politische Einheit Deutsch- lands musste eine Währungsreform ebenfalls Konsequenzen haben; denn eine Sanierung, die nicht gleichzeitig und gleichförmig in allen Besatzungszonen durchgeführt wurde, musste zwangsläufig die Spaltung der verschiedenen Wirtschaftsgebiete vertiefen und möglicher- weise zu konkurrierenden Staatsgebilden führen.
|