neuen "Vertrag über Freundschaft, Zusam- menarbeit und gegenseitigen Beistand", den die Generalsekretäre Honecker und Breschnew am 7. Oktober 1975 - am 26. Jahrestag der Gründung der DDR - in Moskau unterzeichne- ten. Dies geschah übrigens, ohne dass der Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion vom 20. September 1955 und der Vertrag über Freundschaft, gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit vom 12. Juni 1964 offiziell für beendet oder abgelöst erklärt worden wären. Die Wiederver- einigung Deutschlands, die in den Verträgen von 1955 und 1964 noch eine Rolle gespielt hatte, wurde nicht mehr erwähnt. Statt dessen wurde die "Unverletzlichkeit" der Grenzen in Europa "einschließlich der Grenzen zwischen der DDR und der BRD" als Gewährleistung der europäischen Sicherheit betont. Ungeachtet des Viermächteabkommens über Berlin bestanden die Vertragspartner darauf, dass West-Berlin "kein Bestandteil der BRD ist und auch weiterhin nicht von ihr regiert wird". Trotz der im Freundschaftsvertrag zwischen DDR und Sowjetunion enthaltenen Absichtserklärungen über eine verstärkte Integration der DDR in das "sozialistische Lager" und der von der SED vorgetragenen Abgrenzungsideologie gegenüber der Bundesrepublik entfalteten die deutsch-deutschen Beziehungen seit 1972 eine gewisse Eigendynamik, der sich die DDR-Führung um so weniger entziehen konnte, als sie an den wirtschaftlichen Sonderbeziehungen zur Bundesrepublik interessiert war. Außerdem ergaben sich aus dem Grundlagenvertrag und den Folgeabkommen der Zwang und die Notwendigkeit zu immer neuen Gesprächen, Verhandlungen und Konsultationen auf staatlicher Ebene. Schließlich verstärkten sich die Kontakte zwischen den Menschen in der Bundesrepublik und der DDR durch Besuchs- und Telefonverkehr ganz erheblich. Das durch die internationale Anerkennung gestiegene Selbstbewusstsein der DDR-Führung fand seinen architektonischen Ausdruck im "Palast
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der Republik", der in den Jahren 1973 bis 1976 im Zentrum Berlins an der Stelle errichtet wurde, an der sich das Schloss der preußischen Könige und deutschen Kaiser befunden hatte, dessen Ruinen 1950 von der DDR-Führung gesprengt worden waren. Auf dem Richtfest am 18. November 1974 erinnerte Erich Honecker sowohl an die monarchische Vergangenheit als auch an die revolutionäre Tradition des Geländes. Während Philipp Scheidemann (SPD) von der Rampe des Deutschen Reichstages am 9. November 1918 die Republik ausrief, hatte der Mitbegründer der KPD, Karl Liebknecht, von hier aus die Gründung einer "sozialistischen Republik" zu proklamieren versucht. Im Lustgarten vor dem Schloss hatten wiederholt sozialistische und kommunistische Massen- kundgebungen stattgefunden. Der "Palast der Republik" wurde zur Tagungsstätte der DDR-Volkskammer; Zentrum der Macht wurde er nie, denn das lag im "Großen Haus" am Werderschen Markt, dem Sitz des Politbüros der SED. Für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur und der deutsch-deutschen Geschichte hat die Bundeszentrale für politische Bildung mehr als 30 Magazin- beiträge der in der ARD ausgestrahlten Sendung "Kontraste", aus den Jahren 1987-2001 zusammengestellt. Unter dem Titel "Kontraste - Auf den Spuren einer Diktatur" werden zeitgeschichtliche Dokumente gezeigt, die den Prozess der deutschen Einheit begleitet haben.
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