zu den Alliierten wurde Präsident Kennedy am 26. Juni 1963 begeistert von der Berliner Bevölkerung empfangen. In seiner Rede vor der Freien Universität forderte er dazu auf, „mit den Gegebenheiten fertig zu werden, so wie sie wirklich sind, nicht so, wie sie hätten sein können und wir sie uns gewünscht hätten". In den Jahren nach 1961 baute die SED das Sperrsystem mit rücksichtsloser Konsequenz zur unüberwindbaren Grenze aus. Die Mauer bzw. ein Metallgitterzaun trennten auf einer Länge von 43,1 Kilometern Ost- und West-Berlin und auf einer Länge von 111,9 Kilometern die DDR und West-Berlin. Den Beginn bildete auf der östlichen Seite ein Kontaktzaun, der bei Berühren Ton- und Lichtsignale auslöste. Dahinter lagen ein Kolonnenweg für die Grenzsoldaten, Beobachtungstürme (zuletzt 300), Bunker (zuletzt 22) und Hundelaufanlagen (zuletzt 255). Es folgte ein beleuchteter Kontrollstreifen, begrenzt von einem Graben oder in den Boden gerammten Eisenträgern. Dies sollte den Durchbruch von Fluchtfahrzeugen verhindern. Den Abschluss nach West-Berlin bildeten die Betonplattenwand (ca. vier Meter hoch) oder ein Metallgitterzaun (drei bis vier Meter hoch). Die ungemein harten Strafen für „Republikflucht" und selbst das tödliche Risiko an der Mauer konnten Fluchtversuche nicht verhindern. Nach Polizeiangaben gelang es insgesamt 5043 Personen, die Sperranlagen um West-Berlin zu überwinden. Es kamen dabei 80 Personen bei Fluchtversuchen ums Leben, davon 60 Personen durch Schüsse der Grenztruppen. Durch Schusswaffen verletzt wurden 118 Personen. Die Polizei beobachtete überdies 3221 Festnahmen an den Grenzanlagen. Die genauen Zahlen sind nicht bekannt, erst recht nicht die der gescheiterten Fluchtversuche. Das letzte bekanntgewordene Maueropfer war am 8. März 1989 ein Mann, der mit einem Fluchtballon tödlich abstürzte. Der Aufbau der Sperranlagen veranschaulich- te, dass sie gegen die eigene Bevölkerung gerichtet waren. Die ursprüngliche regie- rungsamtliche Begründung vom 12. August 1961, die Sperre wende sich gegen „syste- matische Abwerbung von Bürgern" und „Menschenhandel", sollte die Tatsache der politisch und wirtschaftlich motivierten Massenflucht nach Westen verschleiern. Ebenso konnte das propagandistische Bemü- hen der SED, die Mauer als Schutzmaßnahme gegen eine angebliche „imperialistische Aggression" auszugeben, niemand überzeu- gen. Obwohl von der Partei als Erfolg gefeiert, war sie die ganze folgende Zeit über ein Zeugnis der Schwäche und des fortwährenden Unvermögens, die Menschen wirklich für sich zu gewinnen. Die DDR in den sechziger Jahren Die Mauer zementierte die Verhältnisse in Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes: die Spaltung der Nation in zwei Staaten. Sie symbolisierte und besiegelte die Unfreiheit in der DDR. Die Mauer verhinderte die weitere Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte nach
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West-Berlin und in die Bundesrepublik. Sie war daher auch eine wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung und die Steigerung des Lebensstandards, die nun ebenfalls in der DDR einsetzten. Die DDR wurde im Laufe der sechziger Jahre zur zweitstärksten Industriemacht im Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) und zur wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Partnerin der Sowjetunion. Der RGW war 1949 in Moskau als Organisation zur wirtschaftlichen Integration Ost- und Ostmitteleuropas gegründet worden. Die DDR begann, mit der Bundesrepublik Deutschland um Anerkennung in der Dritten Welt zu wetteifern, und wurde auch von Politikern und Teilen der öffentlichen Meinung in der Bundesrepublik nicht länger als "die Zone" geringgeschätzt, sondern als zweiter deutscher Staat ernst genommen. Diese Entwicklung steigerte nicht nur das Selbstbewusstsein der DDR-Führung, die sich in wirtschaftspolitischer und ideologischer Hinsicht eine zeitlang vom sowjetischen Vorbild zu emanzipieren suchte, sie förderte auch ein gewisses Eigenbewusstsein der DDR-Bevölkerung. Darin mischte sich der Stolz auf die - im Vergleich zur Bundesrepublik unter viel schwierigeren Bedingungen - vollbrachte Aufbauleistung mit der Einsicht, dass eine Wiedervereinigung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei und dass man sich daher im System des "realen Sozialismus" so gut wie möglich einrichten müsse.Das Neue Ökonomische System Bis zum Bau der Mauer hatte die DDR-Führung alle wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit der offenen Grenze nach Westen begründet. Doch im Laufe des Jahres 1962 zeigte sich, dass die Wachstums- und Versorgungs- schwierigkeiten der DDR-Wirtschaft mit der Schließung der Grenze keineswegs beendet waren. Der Zuwachs der Industrieproduktion beispielsweise lag 1962 auch nicht höher als im Krisenjahr 1961, und das National- einkommen wuchs 1962 um nur einen Prozentpunkt gegenüber 1961.
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