demokratischen Neubau Deutschlands nach Hitler eine Rolle. Eugen Gerstenmaier war von 1954 bis 1969 Präsident des Deutschen Bundestages, Theodor Steltzer in der ersten Nachkriegszeit Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Hans Lukaschek war unter Adenauer Bundesvertriebenenminister. Das Vermächtnis der Kreisauer blieb die in ihren Dokumenten und Briefen niedergelegte Idee einer humanen und sozialen Gesellschaft nach Hitler. Der Goerdeler-Kreis Carl Goerdeler, 1884 geboren, entstammte einer traditionsreichen preußischen Beamtenfamilie. Nach dem Studium der Rechte trat er in den Kommunaldienst und wurde 1930 Oberbürgermeister von Leipzig. Sein Ruf als hervorragender Verwaltungs- fachmann und Organisator drang weit über Leipzig hinaus, mehrmals war er als Kandidat für das Amt des Reichskanzlers im Gespräch. Im Dezember 1931 wurde er zum Reichspreiskommissar berufen. Anders als bei seinem Kollegen Konrad Adenauer, dessen Amtszeit als Kölner Oberbürgermeister mit dem nationalsozialistischen Machtbeginn jäh endete, musste Goerdeler als national-konservativ gesinnter Politiker den Leipziger Oberbürgermeisterstuhl nicht verlassen. Im Januar 1934 wurde er auch wieder zum Preiskommissar ernannt, obwohl er keine Zugeständnisse an die neue Reichsregierung gemacht hatte und auch nicht der NSDAP beigetreten war. Goerdeler geriet jedoch bald in Gegensatz zur nationalsozialistischen Finanz- und Wirtschaftspolitik. Er missbilligte die unseriöse Kreditschöpfung des Wirtschaftsministers Hjalmar Schacht, mit der die Aufrüstung finanziert wurde, und er kritisierte die antijüdische Politik des Dritten Reiches wegen ihrer negativen Wirkungen für das deutsche Ansehen im Ausland. In zwei Gutachten (1935 und 1936) zur Finanzlage, die Hitler bei Goerdeler in Auftrag gegeben hatte, verhehlte er diese Überzeugung nicht. Aus der kritischen Einstellung des Leipziger Oberbürgermeisters wurde offener Protest, als die Nationalsozialisten im November 1936 die Entfernung des Denkmals für den Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig erzwangen, weil er Jude gewesen war. Am 1. April 1937 trat er, 52jährig, zurück. Goerdelers oppositionelle Einstellung war aber noch keine Widerstandshaltung, die auf die Beseitigung der Hitlerregierung zielte. Mit manchen außen- und wehrpolitischen Bestrebungen des NS-Regimes stimmte Goerdeler - wie viele Konservative - überein. Auch wenn sie die Methoden der
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Nationalsozialisten missbilligten, so gehörten die Überwindung des Versailler Vertrages und die Hoffnung auf die Wiederherstellung der Reichsgrenzen von 1914 zu den gemeinsamen Zielen. Vom Stuttgarter Industriellen Robert Bosch mit einem Beratervertrag ausgestattet, unternahm Goerdeler mit Wissen und Zustimmung von Hermann Göring (der als "Beauftragter für den Vierjahresplan" eine zentrale Rolle in der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik spielte) in den Jahren nach seinem Rücktritt ausgedehnte "Geschäftsreisen" auch ins Ausland. Als deren Folge warnte er wiederholt Göring vor einer Unterschätzung Frankreichs und Großbritanniens durch die deutsche außenpolitische Führung. Gleichzeitig machte er auf den negativen Eindruck der nationalsozialistischen Kirchenpolitik und der Judenverfolgung auf das Ausland aufmerksam. Ein anderer Zweck der Reisen bestand darin, Sympathien und Verständnis für oppositionelle Haltungen gegenüber der Reichsregierung zu wecken und zu fördern. Treffpunkt von Kritikern und Gegnern der Nationalsozialisten wurde die Berliner Mittwochsgesellschaft, ein traditionsreicher Zirkel von liberalen und konservativen Persönlichkeiten der Wissenschaft und des öffentlichen Lebens, der seit 1863 jeden zweiten Mittwoch zur "wissenschaftlichen Unterhaltung" zusammenkam. Hier fand Goerdeler gedankliche Übereinstimmung in der Kritik an Hitler mit dem Generalstabschef des Heeres, Ludwig Beck, mit dem deutschen Botschafter in Rom, Ulrich von Hassell, dem preußischen Finanzminister Johannes Popitz, dem Wirtschaftswissenschaftler Jens Jessen und anderen. Einig waren sich diese Männer darin, dass der Krieg, den Hitler offen anstrebte, verhängnisvoll für Deutschland sein würde. Generaloberst Ludwig Beck versuchte bis zum Sommer 1938 mit Denkschriften und Vorträgen über das Risiko eines Krieges für Deutschland auf Hitler einzuwirken. Als er erkannte, wie wenig Rückhalt er unter hohen Offizieren mit seinen Warnungen fand, bat er am 18. August 1938 um seinen Abschied. Überparteiliche Gruppierung Mit seinen weitreichenden Verbindungen zu Oppositionellen in ganz Deutschland wurde Goerdeler Mittelpunkt eines Widerstandskreises, der sich in verschiedenen Richtungen erweiterte und über Ludwig Beck eng mit der Militäropposition verbunden war. Nach Kriegsbeginn im Herbst 1939 fanden Gewerkschafter wie Jakob Kaiser (1949-1957 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen) und der Sozialdemokrat Wilhelm Leuschner (er war bis 1933 hessischer Innenminister) zum Goerdeler-Kreis. Die Industriellen Robert Bosch und Paul Reusch sympathisierten mit den Plänen des Goerdeler-Kreises, das Netz der Gleichgesinnten - überwiegend Männer des konservativen und nationalliberalen Bürgertums und christliche Politiker - dehnte sich aus. Die Aktivitäten des Goerdeler-Kreises gingen in zwei Richtungen. Zum einen drängte Goerdeler, inzwischen zum unerbittlichen
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