Noch während der Wende vor Moskau hatte sich durch den Angriff japanischer Truppen auf die amerikanische Flotte in Pearl Harbor am 7. Dezember der Krieg zum Weltkrieg ausgeweitet. Am 11. Dezember erklärte Hitler den USA den Krieg, ohne dass das Deutsche Reich durch den Dreimächtepakt dazu verpflichtet gewesen wäre. Nach dem Scheitern seines Blitzkriegplanes in Russland suchte Hitler in einem verzweifelten Versuch die Flucht nach vorn. Damit wollte er die letzte Chance für eine erfolgreiche Wendung des Krieges im Sinne seines Stufenplanes nutzen, bevor das amerikanische Potential voll eingesetzt werden konnte. Wie gering der Handlungsspielraum Hitlers und seiner Bündnispartner tatsächlich war, zeigt die Alternative, vor die sich der deutsche Diktator Anfang Dezember 1941 gestellt sah. Für ihn gab es nur noch Weltmacht oder Untergang. Die Kriegserklärung an die USA war eine Geste ganz im Sinne des national- sozialistischen Bedürfnisses nach der heroischen Tat. Aber sie konnte nur mühsam verbergen, wie sehr sie bereits nur noch Reaktion auf machtpolitische Tatsachen und Konstellationen war, die anderswo gesetzt wurden. Zwar sollte Hitler mit seinen erneuten Offen- siven nach den Katastrophen des Winters 1941/42 im Juni 1942 noch einmal Sieges- hoffnungen bei sich und der Armee wecken. Doch mit den weiteren militärischen Eroberungen, die die Wehrmacht in der am 28. Juni 1942 eröffneten Sommeroffensive bis an das Schwarze Meer und den Kaukasus brachten, mutete der Oberbefehlshaber Hitler seiner Armee eine militärische Überdehnung zu. Sie gipfelte mit der Entscheidung vom 23. Juli 1942, die Heeresgruppe B in Richtung Stalingrad zu beordern sowie die Heeresgrup- pe A nach Süden abzudrehen, in einer strate- gischen Fehlplanung, die in der Katastrophe von Stalingrad im Winter 1942/43 endete. Obwohl Hitlers Imperium im Spätsommer 1942 seine größte Ausdehnung erreichte, war die Niederlage gleichzeitig vorhersehbar. Denn die Grenzen der deutschen militärischen und kriegswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit waren längst erreicht und das Deutsche Reich hatte die strategische Initiative schon verloren. Hinzu kamen ständige militärische Führungs- krisen, die ihre Ursachen in dem Realitätsver- lust des triumphierenden Diktators und in der Hilflosigkeit seiner Führungsgehilfen hatten. Der Wendepunkt des Krieges, sofern er nicht schon im Dezember 1941 erreicht war, trat spätestens im Herbst 1942 ein. Die Rote Armee startete im November 1942 ihre Gegenoffensive bei Stalingrad. Der britische General Bernhard Montgomery brach mit vielfacher Übermacht durch die deutsch-italienischen Stellungen bei El Alamein in Nordafrika und am 7./8. November waren englische und amerikanische Truppen an den Küsten Nordafrikas gelandet und begannen, eine zweite Front zu eröffnen. Hitler lehnte jedoch jeden Gedanken an Nachgeben ab und formulierte, nun wieder ganz der Dogmatiker, der zum politischen Kalkül unfähig war: „Es gibt jetzt nur noch eines, und das heißt Kampf.“ Hinfort war die deutsche Kriegführung und Politik in die Defensive geraten und unbe-
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weglich durch den ideologischen Starrsinn Hitlers. Die militärischen Niederlagen der deutschen Truppen - vor allem im Osten - und das nahende Ende des Dritten Reiches 1944/45 bedeuteten darum nicht nur ein militärisch-politisches Ereignis von größter Tragweite, sondern auch eine Befreiung von Rassenwahn und Vernichtungspolitik. Bis zu der militärischen Wende des Krieges und zum Vormarsch der Alliierten bedeutete „jede gewonnene Schlacht, jeder Organisationserfolg in der Rüstungsindustrie, jedes Durchhalten im Inneren und an den militärischen Fronten die Voraussetzung dafür, dass in Auschwitz weiter gemordet werden konnte“ (Ludolf Herbst). Ein Ausweg aus dieser Zwangssituation, in der Erfolg oder Misserfolg der deutschen Kriegspolitik auch über das Schicksal von Millionen Menschen entschied, konnte nur durch eine innere Veränderung bzw. Überwindung der bestehenden nationalsozialistischen Herrschaftsordnung oder durch eine militärische Niederlage von außen herbeigeführt werden. Totaler Krieg Bereits mit dem Scheitern des „Blitzkriegs“ gegen die Sowjetunion im Herbst 1941 bzw. mit den alliierten Gegenoffensiven im Herbst 1942 hatte sich die militärische Wende des Krieges vollzogen, auch wenn sich tatsächlich erst mit dem Fall von Stalingrad im Januar/Februar 1943 das Gefühl einstellte, die Vernichtung der sechsten Armee könnte der Anfang vom Ende sein. Zudem hatte sich der Krieg mit dem Kriegseintritt der USA in globale Dimensionen ausgeweitet. Mit der deutschen Kriegserklärung an die USA hatte Hitler zu erkennen gegeben, dass er trotz des Scheiterns seiner „Blitzkriegstrategie“ im Osten nicht gewillt war, eine politische Lösung des Krieges herbeizuführen. Vielmehr versuchte er, die kurze Phase bis zum voraussichtlichen militärischen Eingreifen der USA, das sich zunächst gegen Japan wenden würde, auf dem europäischen Kontinent zu nutzen, um doch noch einen Sieg über die Sowjetunion zu erreichen. Damit aber nahm die Risikopolitik Hitlers dramatische Formen an und das NS-Regime manövrierte sich dadurch in immer größere Termin- und Handlungs- zwänge. Denn trotz der vorübergehenden Siegeshoffnungen im Sommer 1942, als deutsche Truppen bis an den Kaukasus, an die Wolga und die ägyptische Grenze vorstießen, konnte Deutschland schon längst nicht mehr das militärische Geschehen aktiv bestimmen. Anti-Hitler-Bündnis Zur selben Zeit formierte sich die Anti-Hitler-Koalition, die vor allem auf der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 mit der Forderung nach einer „bedingungslosen Kapitulation“ Deutschlands zum einen ihre Kriegsziele
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