trat vor allem im lokalen und regionalen Zeitungswesen, in Fortsetzungs- und "Groschenromanen", in den neuartigen Fotoreportagen der Illustrierten, im Schlager, in Film und Rundfunk und in sportlichen Groß- veranstaltungen (Fußball, Boxen, Radrennen, Automobilrennen) in Erscheinung. Zwar verteilte sich das kulturelle Leben auf viele größere und einige kleinere Städte; seinen strahlenden Mittelpunkt aber bildete die Reichs- und preußische Landeshauptstadt Berlin, wo das Preußische Ministerium für Erziehung und Wissenschaft und die Preus- sische Akademie der Künste mit Kompetenz und Geld die moderne Kunst förderten. Charakteristisch für die Weimarer Kultur- geschichte ist die Vielfalt moderner Strömun- gen und Stile: Nebeneinander schufen zum Beispiel so unterschiedliche Komponisten wie Richard Strauss und Arnold Schönberg, Maler wie Emil Nolde und Max Liebermann, Erzähler wie Thomas Mann und Hermann Hesse, Dramatiker wie Gerhart Hauptmann und Georg Kaiser oder Lyriker wie Rainer Maria Rilke und Gottfried Benn - um nur einige bekannte Namen zu nennen - und nicht zuletzt die Künstler der "Neuen Sachlichkeit" bedeutende Werke. Neue Sachlichkeit war eine für die zweite Hälfte der zwanziger Jahre besonders typische Kunstrichtung, die - beeinflusst von der Massenkultur und den neuen technischen Medien Film und Rundfunk - das damalige Lebensgefühl der Menschen, ihr nüchternes Streben nach Bewältigung des Alltags, ein- zufangen versuchte. Der Begriff geht auf eine Ausstellung moderner Malerei in Mannheim 1925 zurück. Künstler wie Max Beckmann, George Grosz, Otto Dix und andere hatten sich von den expressionistischen, technikfeindli- chen Traum- oder Phantasiewelten mit ihren großen, reinen Farbflächen, realitätsfernen Farbgebungen und entstellten Formen abge- wandt. Ihre in Mannheim präsentierten rich- tungweisenden Arbeiten (oft Stillleben und Porträts) zeichneten sich durch gegenständ- liche Malweisen und alltägliche Themen aus.
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Da es zwischen den verschiedenen Sparten der Kunst gewisse strukturelle Entsprechungen - gemeinsame Wahrnehmungs- und Aus- drucksformen - gibt, wurde Neue Sachlichkeit bald zum allgemeinen Begriff für künstleri- sches Bemühen um eine konkrete, distanzierte Auseinandersetzung mit der "greifbaren Wirklichkeit", die dem Inhalt den Vorrang vor der Form einräumte und das Schlichte gegenüber dem Ornamentalen bevorzugte. Neusachliche Mode befreite die Frauen von Dutt, Korsett und fußlangen Röcken, die Männer von Stehkragen ("Vatermörder"), gestärkter Hemdbrust und Bart.Politische Instabilität Indessen taten sich die politischen Parteien auch nach 1923 weiterhin schwer mit der parlamentarisch-demokratischen Regierungsweise, das heißt mit der Bildung stabiler Koalitionsregierungen, der Bereitschaft zum politischen Kompromiss und dem Mut zu notwendigen unpopulären Entscheidungen. Trotz ihres hohen Wahlsieges war die SPD nicht dazu bereit, den Reichskanzler zu stellen; vielmehr blieb sie unter dem Druck ihres linken (um zahlreiche ehemalige USPD-Mitglieder verstärkten) Flügels, der Koalitionen prinzipiell ablehnte, die ganze Legislaturperiode hindurch in der Opposition. Umgekehrt verspürten auch die bürgerlichen Parteien seit dem Sturz des Reichskanzlers Stresemann auf Betreiben der SPD im November 1923 nur noch wenig Neigung zur Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten. Darüber hinaus waren die linksliberale DDP und die monarchistische DNVP nicht miteinander koalitionsfähig. Auch gab die DNVP, selbst wenn sie sich an der Regierung beteiligte, ihre Fundamentalopposition gegenüber der Weimarer Republik keineswegs auf. Überdies führten Spannungen zwischen
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