Bevölkerungszahl im Deutschen Reich zwischen 1925 und 1933 um etwa 2,8 Millionen, sodass sie am Ende wieder den Vorkriegsstand von rund 65 Millionen erreichte. Davon waren nahezu gleichbleibend etwas weniger als zwei Drittel Protestanten, annähernd ein Drittel Katholiken; der Anteil der Juden ging von 0,9 auf 0,8 Prozent zurück. Im selben Zeitraum hielten die für hochindu- strialisierte Gesellschaften typische Landflucht und Verstädterung weiter an: Der Bevölke- rungsanteil der Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern nahm von 35,6 auf 32,9 Prozent ab, während der der Großstädte (über 100000 Einwohner) von 26,8 auf 30,4 Prozent anstieg. Parallel dazu vollzog sich ein Rück- gang der Erwerbspersonen in der Landwirt- schaft von 30,5 auf 28,9 Prozent, in Industrie und Handwerk von 42,1 auf 40,4 Prozent, während der Dienstleistungsbereich eine Zunahme von 27,4 auf 30,7 Prozent verzeich- nete. Der Anteil der Industriearbeiterschaft an den Erwerbstätigen stagnierte seit der Jahr- hundertwende bei knapp 50 Prozent. Die Weimarer Republik erbte vom Kaiserreich eine hochdifferenzierte, hierarchisch geglieder- te Industriegesellschaft mit ausgeprägten schicht-, geschlechts- und generationsspezi- fischen Strukturen sozialer Ungleichheit hinsichtlich der Einkommens- und Vermögens- verteilung, der Berufsbedingungen und der familiären Lebensverhältnisse. In manchen Bereichen vollzog sich jedoch in den zwanziger Jahren ein teilweise beträchtlicher Wandel. Kultur in der Weimarer Republik Das Kriegs- und Revolutionserlebnis, der Durchbruch der Demokratie, aber auch der technische Fortschritt und nicht zuletzt starke amerikanische Impulse (Jazz-Musik, Filmkunst) machten die zwanziger Jahre auch in kulturel- ler Hinsicht zu einer Zeit der Umbrüche. Die Weimarer Republik setzte in der kurzen Zeit ihrer Existenz in beispielloser Weise künstleri- sche Energie und Kreativität auf nahezu allen Gebieten frei. Kunsthistoriker zählen die Jahre zwischen 1918 und 1933 zur "Klassischen Moderne", denn die Vielfalt und Modernität ihrer Kunst- und Kulturformen - zwischenzeit- lich vom NS-Regime unterdrückt - wirkten nach dem Zweiten Weltkrieg und bis in die Gegenwart hinein inhaltlich und formal anregend, wenn nicht sogar prägend. Politik und Kunst entwickelten sich quasi parallel: ·Der krisenreiche Übergang vom Kaiserreich zur Republik 1918/19 bis 1923 war die Zeit des zu Ende gehenden Expressionismus. ·Im selben Maße, wie sich der Staat von Weimar zwischen 1924 und 1929 stabilisierte und ein Teil seiner Gegner zu "Vernunftre- publikanern" wurde, breitete sich die "Neue Sachlichkeit" aus. ·Schließlich fanden ab 1930 die politische Polarisierung und die immer autoritäreren Regierungsformen ihre Entsprechung in proletarisch-revolutionären, vor allem aber in
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nationalistischen bis hin zu nationalsozialistischen Inhalten und Formen der Kunst. Die Weimarer Kultur blieb - bei fließenden Grenzen - stets mehrfach gespalten: in anspruchsvolle Kultur und Massenkultur, in avantgardistische und traditionalistische Strömungen, in proletarisch-revolutionäre, linksliberale, konservative und völkische Richtungen. Die politischen Auseinandersetzungen wurden also auch mit den Mitteln der Kunst ausgetragen. Anspruchsvolle Kultur fand ihren Ausdruck in den zwanziger Jahren hauptsächlich auf den Feuilletonseiten der angesehenen liberalen, überregionalen Tageszeitungen ("Vossische Zeitung", "Frankfurter Zeitung"), in literarisch-politischen Zeitschriften ("Die Weltbühne", "Neue Rundschau", "Die Linkskurve"), in Malerei und Architektur, im Sprech- und Musiktheater, im Konzert, in Revue und Kabarett, in Romanen und Gedichten. Dort entfalteten sich Expressionismus und Neue Sachlichkeit, dort wurden aber ebenso die klassischen Traditionen gepflegt und fand auch proletarisch-revolutionäre Kunst ihr Publikum. Massenkultur (Kultur der bzw. für die Massen)
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