· Das Sozialisierungsgesetz vom 13. März 1919 ermöglichte eine Vergesellschaftung von Bergbau und Energiewirtschaft, aber "gegen angemessene Entschädigung". Wegen der damit verbundenen hohen Kosten wurden Enteignungen praktisch unmöglich gemacht. · Das Kohlenwirtschaftsgesetz vom 23. März 1919 stellte die bestehenden Kohlensyndikate (Absatzkartelle) unter die Kontrolle eines 60köpfigen Reichskohlenrates, dem aber nur 22 Arbeitnehmervertreter angehörten. Frühjahrsunruhen Nach den für die radikale Linke enttäuschen- den Wahlen zur Nationalversammlung kam es zwischen Februar und Mai 1919 zu einer Welle von lokalen Aufständen (Ausrufungen kurzlebiger Räterepubliken, unter anderem in Bremen, Mannheim und Braunschweig), zu umfangreichen "wilden" Streiks (das heißt ohne Beteiligung der Gewerkschaften) und Betriebsbesetzungen in weiten Teilen des Reiches, insbesondere im mitteldeutschen Bergbau um Halle und Merseburg und im Ruhrgebiet. Dabei ging es um den Erhalt und Ausbau des Rätesystems sowie um die Verwirklichung der Beschlüsse des Reichsräte- kongresses vom Dezember 1918 (Einführung demokratischer Strukturen im Militär) und der Vorschläge der Sozialisierungskommission zur Vergesellschaftung des Bergbaus, zum Teil auch um höhere Löhne und bessere Arbeits- bedingungen. Die Massenbewegung dieser zweiten Phase der Revolution war in ihrem Umfang erheblich kleiner, in ihren Zielen bedeutend radikaler als die Volksbewegung vom November 1918. Die Mehrheit der Industriearbeiter stand jetzt im Lager der USPD. Anfang März 1919 fand in Berlin ein von Anhängern aller Linksparteien organisierter Generalstreik für die Durchführung der Reformen zur Demokratisierung des Militärs statt. Als er auf Beschluss der Berliner Arbeiterräte-Versammlung auch auf lebenswichtige Versorgungsbetriebe ausgedehnt werden sollte, zogen sich MSPD und USPD aus der Streikleitung zurück. Daraufhin betrieb die KPD die Umwandlung des Streiks in einen Aufstand, was zur Verhängung des Ausnahmezustandes über Berlin führte. Aufgrund der Falschmeldung, Kommunisten hätten 60 Polizisten ermordet, erließ Gustav Noske (inzwischen Reichswehr-
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minister) als Inhaber der vollziehenden Gewalt am 9. März den Befehl: "Jede Person, die mit Waffen in der Hand gegen Regierungstruppen kämpfend angetroffen wird, ist sofort zu erschießen." Freikorps und Polizei sahen darin einen Freibrief. Die Berliner Märzkämpfe kosteten rund 1000 Menschen das Leben. In Bayern löste am 21. Februar 1919 die Ermordung des Ministerpräsidenten Kurt Eisner (USPD) durch einen monarchistischen Offizier große Empörung aus. Die Linksparteien beriefen eine Versammlung der Münchner Räte ein, aus der eine provisorische Räteregierung (ohne Beteiligung der MSPD) hervorging. Mitte März wurde sie durch eine vom Landtag gewählte Koalitionsregierung von MSPD, USPD und Bauernbund abgelöst. Radikalisierte Anhänger der KPD und der USPD sowie anarchistische Intellektuelle riefen jedoch im April eine Räterepublik aus und stellten eine "Rote Armee" auf. Die bayerische Regierung floh nach Bamberg. Am 13. April übernahm die KPD in der Landeshauptstadt die Macht und proklamierte eine zweite, kommunistische Räterepublik. Daraufhin schickte Noske starke Freikorpsverbände nach München, die die Räterepublik nach harten Kämpfen auflösten. Unter den insgesamt 606 Todesopfern befanden sich 335 Zivilisten und 38 Freikorpssoldaten. Mit der Münchner Räterepublik, die die Bolschewismusfurcht des Bürgertums nachhaltig schürte, endete am 3. Mai 1919 zugleich die Revolution von 1918/19. Schon seit Januar übernahmen demokratisch gewählte Parlamente die Aufgaben der Arbeiter- und Soldatenräte. Die meisten Räte lösten sich im Frühjahr und Sommer 1919 auf, die letzten im Herbst und Winter 1919/20.
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