versuchte er es - bevor er alles auf eine Karte setzte - noch mit dem Konzept seines Außen- ministers Ribbentrop. Dieser wollte einen Kontinentalblock gegen Großbritannien unter Einbeziehung Italiens, aber auch Frankreichs und Spaniens sowie vor allem Japans schmieden. Der Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan, der schließlich unter großem Propagandaaufwand am 27. September 1940 abgeschlossen wurde, sollte allerdings nur auf dem Papier bestehen. Italien wurde aufgrund seiner militärischen Schwäche mehr und mehr zu einer politischen und militärischen Belastung, und das Verhältnis zur fernöstlichen Großmacht Japan blieb locker und unberechenbar. Eine Reise Hitlers im Oktober 1940 machte deutlich, dass weder Marschall Pétain noch General Franco zu einem Bündnis mit Deutschland bereit waren und auf Zeit spielten. Die Gespräche, die schließlich mit dem sowjetischen Außenminister Molotow am 12. und 13. November in Berlin stattfanden, hatten für Hitler nur noch eine Alibifunktion und sollten die mündlich befohlenen Kriegsvorbereitungen für den Osten nicht unterbrechen. Hitler unterbreitete Molotow das absurde Angebot, sich die „gigantische Weltkonkursmasse“ des Britischen Empires gemeinsam als Beute zu teilen. Was Molotow darauf im Gegenzug als sowjetische Interessensphäre definierte und als Preis für eine weitere wohlwollende Haltung der Sowjetunion ansprach, musste die Interessen des Deutschen Reiches ganz erheblich berühren. Es ging, von Molotow geschickt als sowjetisches Sicherheitsbedürfnis verkleidet, um die Kontrolle über Finnland, Rumänien, Bulgarien und die türkischen Meerengen. Für eine spätere Phase ließ der Abgesandte Stalins sogar das Interesse Moskaus an Ungarn, Jugoslawien und dem westlichen Teil Polens erkennen. Damit lagen sehr weitgehende sowjetische Kriegsziele auf dem Tisch; sie waren kaum noch mit dem Blick auf ein Bündnis mit Hitler formuliert. Auch Stalin dachte offenbar an die Zeit danach. Für Hitler war der Molotow-Besuch ein letzter Test, ob Deutschland und die Sowjetunion „Rücken an Rücken oder Brust an Brust“ stünden. Das Scheitern der Gespräche empfand Hitler als Erleichterung, denn der vorübergehende Pakt mit Stalin „würde nicht einmal eine Vernunftehe bleiben“. Das Scheitern der „weltpolitischen Zwischenlösung“ Ribbentrops bestärkte Hitler in seinem Entschluss zum Ostfeldzug. Am 18. Dezember 1940 erging seine „Weisung Nr. 21 für den Fall Barbarossa“: „Die deutsche Wehrmacht muss darauf vorbereitet sein, auch vor Beendigung
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des Krieges gegen England Sowjetrussland in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen.“ Krieg aus Prinzip Von der „Vernichtung der Lebenskraft Russlands“ hatte Hitler schon am 31. Juli 1940 vor seinen Generälen gesprochen. Im März 1941 wurde er dann deutlicher: „Dieser kommende Feldzug ist mehr als nur ein Kampf der Waffen; er führt auch zur Auseinander- setzung zweier Weltanschauungen.“ Die UdSSR müsse dabei zerschlagen und die „jüdisch-bolschewistische Intelligenz“ beseitigt werden. Rücksicht auf die Zivilbevölkerung sollte es in diesem „Weltanschauungskrieg“ nicht mehr geben. Dieser bedeutete im Verständnis Hitlers vor allem Vernichtung und Ausrottung des sowjetischen Systems sowie seiner gesellschaftlichen Trägerschichten, zugleich auch Terror gegen ein ganzes Land. Was im Frühjahr 1941 geplant und von der Wehrmachtsführung akzeptiert wurde, war ein fundamentaler Verstoß gegen das Kriegsvöl- kerrecht. Gerechtfertigt wurden die Vernichtungspläne mit dem bolschewistischen Terror gegen die eigene Gesellschaft und mit der bolschewistischen Revolutionsdrohung gegen Europa. Auch für viele Repräsentanten der Wehrmachtsführung war dies Grund genug, um Bedenken gegen die geplante völkerrechtswidrige und barbarische Kriegführung in dem „Weltanschauungskrieg“ hinten anzustellen. Es gab darum nur wenig Meinungsverschiedenheiten zwischen militärischer und politischer Führung. Statt dessen war das OKW bereit, bei der Planung und Formulierung der Einsatzbefehle des „Weltanschauungskrieges“ mitzuwirken. So stimmte die Wehrmachtsführung, nicht zuletzt auch um Konflikten mit der politischen Führung aus dem Wege zu gehen, einer Definition des Hoheitsgebietes der SS im Operationsgebiet des Heeres zu. Der Reichsführer der SS Himmler erhielt im Operationsgebiet des Heeres „Sonderaufgaben“, die sich „aus dem endgültig auszutragenden Kampf zweier entgegengesetzter politischer Systeme“ ergaben. Der Reichsführer sollte dort „selbständig und in eigener Verantwortung“ handeln. Vor allem sollte er, ähnlich wie im Polenfeldzug, Einsatzgruppen zur Vernichtung der „von Stalin eingesetzten Intelligenz“ bilden. Welche Aufgaben die Einsatzgruppen im einzelnen übernehmen sollten, wurde erst kurz vor Beginn des Feldzuges und offenbar nur mündlich festgelegt. Deutlich trat vor allem der rassenantisemitische Grundton hervor. Das Heer würde sich aus diesen Vernichtungs- aktionen nicht heraushalten können, da Hitler von den Soldaten verlangte, dem völlig anderen Charakter dieses „Weltanschauungs- krieges“ gerecht zu werden und vom „Standpunkt des soldatischen Kameradentums abzurücken“. Denn: „Der Kommunist ist vorher kein Kamerad und nachher kein Kamerad.“ Vor einer Versammlung von hohen Offizieren verkündete Hitler am 30. März 1941: „Der Kampf wird sich sehr unterscheiden vom Kampf im Westen.“ Hitler argumentierte hier vor allem mit dem antibolschewistischen Argument, von dem er annehmen musste, dass es im Denken seiner Truppenführer ebenfalls Widerhall fand. Die rassen- antisemitische Erweiterung dieses Ansatzes war unmissverständlich, auch wenn sie nicht angesprochen wurde. Denn Judentum und Bolschewismus waren im ideologischen Denken des Nationalsozialismus identisch.
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