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Grabenkämpfe
Leider waren in den Tagen wieder einige von den Alten im Feld geblieben, darunter mein letzter Schütze II, Herbert Minke, dem ein Splitter im Schlaf die Schädeldecke aufgerissen hatte. Die jetzige Stellung lag in der Nähe von Heilsberg, das schon mehrmals den Besitzer gewechselt hatte. Das ganze Gelände, eine Höhe von der wir auf die Stadt Heilsberg schauen konnten, belegte der Russe am Morgen mit Granaten. In einem von uns besetzt gehaltenen Dorf, links von uns fand eine wüste Knallerei statt. Schlacht-Gebrüll des Feindes. Er brach ein und versuchte uns einzuschließen. Wir mussten zurück, MGs schossen hinter uns her. Neben mir schrie einer auf. Er erhielt einen Beinschuss und wurde weggeschafft. Unser Leutnant kam mit einem Armschuss davon. Der sogenannte Stoßzug war weiter zusammengeschmolzen. Der Kessel Ostpreußen wurde immer kleiner. Nachschub an frischen Truppen gab es nicht. Die dabei waren, hatten immer mehr die "Schnauze voll". Der Russe stand vor Königsberg und Elbing. Nur über den Seeweg konnte man noch Hoffnung haben, dem Inferno zu entkommen. Gegen Abend sammelten wir uns auf einem Gutshof. Unser Regiment, es waren keine 30 Mann mehr, wurde aufgelöst und innerhalb der Division verteilt. Gegen Morgen gingen unser Bataillons-Kommandeur, zwei Landser und ich rückwärts zum Gefechtsstand. Kaum hatten wir das Gut verlassen, als drei Meter vor uns eine Granate einschlug. Splitter zischten uns um die Ohren. Doch wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Unser Stoßzug wurde zum Gefechtsstand als Reserve zurückgezogen, um im Falle eines Durchbruchs sofort eingreifen zu können. Wir konnten schlafen und uns nach den Anstrengungen des Tages etwas ausruhen. In der Frühe ging die Ballerei wieder los. Eine 8,8 - Flakbatterie und ein paar Sturmgeschütze verhinderten einen wesentlichen Durchbruch des Feindes. In einem Dorf an der rechten Seite brannte fast alle Häuser. Alleinstehende Bauernhöfe gingen durch den starken Beschuss in Flammen auf. Die Verluste unsererseits waren gering. Der Bataillonsgefechtsstand wurde noch weiter rückwärts verlegt. Nachts erhielt unser Stoßzug den Befehl, einen gegen eines der vom Feind besetzten Häuser zu unternehmen. 15 Mann wurden ausgesucht. Eugen Wende und ich wurden nicht mit eingeteilt. Welches Glück wir hatten, wussten wir erst ein paar Stunden später. Das Unternehmen sollte durch ein Pakgeschütz unterstützt werden. So gegen ein Uhr nachts verabschiedete sich "Oma" Walbersdorf von uns und sagte: "Jetzt holen wir uns einen schönen Heimatschuss". Wir wünschten noch Hals und Beinbruch, ahnten aber nicht, dass es der letzte Gruß an einen lieben Kameraden war. Wir warteten drei bis vier qualvolle Stunden. Endlich gegen morgen kamen die restlichen Leute niedergeschlagen zurück. Alles war schief gelaufen; Vier Kameraden blieben gefallen draußen liegen, drei wurden schwer verwundet. Erreicht hatte man nichts. Unter den Gefallenen auch "Oma", unser bester Kamerad. Er hatte seine Hilfsbereitschaft mit dem Leben bezahlt. Bedenkenlos war er aus seinem schützenden Erdloch gesprungen, um einem verwundetem Kameraden zu helfen. Dabei erwischte ihn die tödliche Kugel. Der Verlust traf uns alle schwer. Es war einfach unfassbar. Sechs mal war er schon verwundet gewesen, kein Trommelfeuer konnte ihm etwas anhaben, und bei einem vergleichsweise so lächerlichen Unternehmen musste er fallen... Kampf im Kreuzbergtal
Ein weiterer Abschnitt aus dem Kriegstagebuch von Josef Schmölders: Vom Kreuzberg wurde unser Stoßzug weiter rückwärts in ein kleines Dorf mit Namen "Leg" verlegt. Wir hatten dort ein ruhiges Leben in einem kleinen Haus und konnten den ganzen Tag schlafen. Unter dem Zimmerboden war ein Keller voller Kartoffeln gegen unseren Hunger. Von langer Dauer konnte dies wohl nicht sein, denn ein schrecklicher Großangriff musste unmittelbar bevorstehen. Unser Grabenhund - er sollte eventuelle Angriffe rechtzeitig melden - hatte sich aus dem Staub gemacht. Ob er etwas geahnt hatte? Dann kam der 14. Januar 1945. Unser Unteroffizier sagte, dass der Kompaniechef von einem Großangriff erzählt hatte. Er hielt das aber für Quatsch. Doch ein dumpfes und immer stärker werdendes Grollen kündigte das für uns so bedrohliche Trommelfeuer der schweren 17.2 Geschütze der Russen an. Verstreut und noch in einiger Entfernung schlugen die ersten schweren Granaten ein. Wir gingen sofort seitlich von dem Ort in Stellung. Wir hatten unser ruhiges Haus kaum verlassen, als es schwer getroffen wurde. Das Trommelfeuer dauerte fast sechs Stunden, und unsere Nerven waren aufs Äußerste angespannt. Unser Stoßzug lag vorne im Graben und konnte sich also kein Bild vom Stand der Front machen. Hatte sie gehalten? Von verwundeten Kameraden erfuhren wir, dass der Russe noch während des Trommelfeuers mit einer Unmenge an Panzern und Infanterie vorgestoßen war. Er hatte unsere schwach besetzten Gräben überrannt und war schon bis zum Dorfe Kruszewo vorgedrungen. Vierlingsflak im Erdbeschuss und unsere bewährten Sturmgeschütze brachten diesen Großangriff am ersten Tag in der zweiten Linie zum Stehen. Der Kreuzberg wurde unter entsetzlichen Verlusten gehalten. Die Landser in der vordersten Linie wurden bis auf wenige vollständig aufgerieben.
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