den beiden katholischen Parteien dazu, dass die BVP nicht, wie die Zentrumspartei, allen, sondern nur einigen Regierungen der Weimarer Republik angehörte. Vor diesem Hintergrund zeichneten sich die Reichsregierungen der Jahre 1924 bis 1928 vor allem dadurch aus, dass sie trotz mehrfacher Umbildungen keine oder nur eine unsichere Mehrheit besaßen. Von dem 1925 gescheiterten Experiment einer "Bürgerblock"-Regierung von der DDP bis zur DNVP (erstes Kabinett des parteilosen, DVP-nahen Reichskanzlers Luther) abgesehen, kamen nur folgende Modelle in Frage: ·Minderheitsregierungen der bürgerlichen Mittelparteien (DDP - Zentrum, ggs. BVP - DVP) wie das zweite Kabinett Marx (Zentrum) 1924, das zweite Kabinett Luther 1926 und das dritte Kabinett Marx 1926, die auf Tolerierung in innenpolitischen Fragen meist von rechts, in außenpolitischen von links angewiesen waren. ·"Bürgerblock"-Regierungen vom Zentrum bis zur DNVP wie das erste Kabinett Luther 1925 und das vierte Kabinett Marx 1927 (Reichswehrminister Geßler gehörte ihnen unabhängig von der Haltung der DDP an), die zwar in der Innenpolitik weitgehend übereinstimmten, in der Außenpolitik aber zerstritten waren. Die Regierungen arbeiteten daher in innen- und außenpolitischen Fragen mit wechselnden Mehrheiten, weshalb zwischen Regierungs- fraktionen und Kabinettsmitgliedern ein distan- ziertes Verhältnis bestand. Die SPD geriet dabei in eine politische Zwitterstellung: Obwohl Oppositionspartei, musste sie den bürgerlichen Regierungen immer wieder zur Mehrheit verhelfen, um wichtige außenpolitische Projekte wie Dawes-Plan, Locarno-Verträge oder Völkerbundsbei- tritt nicht am Widerstand der DNVP scheitern zu lassen. Der parlamentarische "Normalfall" einer klaren Minderheitsopposition und einer dauerhaften Mehrheitsregierung, deren Koa- litionspartner in der Innen- ebenso wie in der Außenpolitik gemeinsame Lösungen finden konnten, wollte sich in den mittleren Jahren der Republik nicht einstellen. Unter diesen
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Umständen kam es zu keiner wirklichen Stabilisierung des Parlamentarismus. Kampagne gegen den Young-Plan Im Herbst 1929 entfesselte die deutsche Rechte, die die außenpolitischen Erfolge der Republik beharrlich ignorierte, gegen den Young-Plan und seine Befürworter den größten politischen Propagandafeldzug in der Geschichte der Weimarer Republik. Dabei arbeitete die seit Ende Oktober 1928 von Hugenberg geführte DNVP erstmals mit Hitlers NSDAP zusammen. Hugenbergs auflagen- starke Zeitungen druckten fast täglich Hetzartikel gegen den Young-Plan und immer öfter wohlwollende Berichte über die Nationalsozialisten. DNVP, der Bund der Frontsoldaten "Stahlhelm" und NSDAP gründeten einen von Hugenberg finanzierten "Reichsausschuss" für ein Volksbegehren gegen den Young-Plan, der einen Entwurf für ein "Gesetz gegen die Versklavung Deutschlands" vorlegte. Darin wurde die Streichung des Kriegsschuldartikels 231 aus dem Versailler Vertrag gefordert und jeder mit hohen Zuchthausstrafen bedroht, der das Young-Abkommen unterzeichnete: "Reichskanzler, Reichsminister und Bevollmächtigte des Reiches". Der Reichspräsident blieb davon ausgenommen - schließlich war Hindenburg Ehrenvorsitzender des "Stahlhelm". Trotz der großangelegten Kampagne kam die erforderliche Unterschriftenzahl nur knapp zustande. Der anschließende Volksentscheid vom 22. Dezember 1929 endete mit einem Fehlschlag: Nur 5,8 Millionen Wähler (statt der erforderlichen 21 Millionen) stimmten dafür. In Anbetracht des seit 1924 anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwungs der Republik, auf den sich die beginnende Weltwirtschaftskrise noch nicht voll ausgewirkt hatte, war die Reparationsfrage für die große Mehrheit der Bevölkerung offenbar kein erstrangiges politisches Thema mehr. Am 12. März 1930 wurden die Young-Plan-Gesetze, trotz anhaltender Kritik von rechts, die im demonstrativen Rücktritt des Reichs- bankpräsidenten Hjalmar Schacht gipfelte, von der Großen Koalition (mit Ausnahme der BVP) im Reichstag beschlossen. Als Hauptnutznießerin der Anti-Young-Plan-Kampagne erwies sich die NSDAP. Hitler hatte es mit Hugenbergs Hilfe vermocht, sich durch eine monatelange, aufwändige Propaganda- kampagne reichsweit ins Gespräch zu bringen und im nationalistischen Lager zu
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