"Es ist fast ein Traum", notierte Joseph Goebbels am 30. Januar 1933 in seinem Tage- buch. "Die Wilhelmstraße (Sitz der Reichskanzlei und ver- schiedener Ministerien, Anm. d. Red.) gehört uns. Der Führer arbeitet bereits in der Reichs- kanzlei." Auch wenn der neue Reichskanzler Adolf Hitler nach der spektakulären Machtübertragung alles tat, um den Eindruck eines honorigen Staatsmannes zu erwecken, die Macht im Regierungsviertel gehörte den Nationalsozialisten noch keineswegs.
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Das Bild von der "nationalsozialistischen Machtergreifung", das von der NS-Propaganda sofort in die Welt gesetzt wurde und am Abend des 30. Januar mit einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor wirkungs- voll unterstrichen wurde, war zunächst ebenso eine Propa- gandaformel wie die Behauptung, hier vollzöge sich eine "legale Revolution". Regierungswechsel Die vorgebliche national- sozialistische Machter- greifung war zunächst und vor allem eine Machtüber- tragung, bis die National- sozialisten in einer Verbindung von staatlichen Eingriffen von oben und der Parteirevolution von unten stufenweise die politische Macht an sich rissen. Die These von der "legalen Revolution" versuchte die Erwartungen vor allem des bürgerlichen Publikums und der traditionellen Macht- gruppen zu befriedigen und die sofort einsetzenden Terror- und Repressions- maßnahmen zu vertuschen. Zugleich wurde damit der politischen Machtübernahme eine Legalität unterstellt, die schon längst unterminiert war. Denn nicht als Führer einer parlamentarisch tragfähigen Mehrheit kam Hitler an die Regierung, sondern durch die
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