Buchauszug
Der Interviewer fragt in diesem Zusammenhang:Interviewer: »Gibt es denn auch Geschichten, die Sie Ihrer Tochter oder Ihrer Enkelin nicht erzählen würden?« Herr Hofer antwortet: Rainer Hofer: »Nein, nein, nein. Da wäre ich also völlig offen und und äh, ich brauch' ihr nicht zu erzählen, dass ich also Juden erschossen habe (haut auf den Tisch) oder so was, selbst wenn ich's getan hätte, würd' ich's erzählen. Warum? Es ist meine Tochter und ich ich habe mein Leben gelebt, ich kann ja nichts davon irgendwie in den Orkus der Vergangenheit versinken lassen. Das das geht nicht, nein. Also, es gibt nichts, wo ich sagen würde: Das erzähl' ich ihr nicht! Selbst wenn es also die Ehre deutscher Soldaten tangieren sollte. Erinnere mich also, dass wir einmal einen Angriff gefahren haben, und als wir zurück kamen, äh, mit Infanterie aufgesessen usw, da haben also 'n paar russische Soldaten die Idiotie be/äh äh gemacht, sich äh zu ergeben, nech (Mhm). Die haben natürlich keinen Augenblick länger gelebt (klopft auf den Tisch). Aber das war natürlich auch so 'ne Sache, wo sollten/sollten se auf den Panzern mitfahren, und hätten da vielleicht noch irgendwo 'ne versteckte Handgranate denn noch (lacht) irgendwo untergesteckt oder so, nech (Mhm). Wenn die liegen geblieben wären, war nichts passiert (Mhm). Aber das sind eben/auch das würd' ich meiner Tochter erzählen, obwohl es also eigentlich die Ehre des deutschen Soldaten irgendwie tangiert, wenn mal/das mal so sagen darf, 'ne (Jaja, mhm). Aber da kann ich also nicht sagen, dass es irgendwas gäbe, was ich, was ich ihr nicht oder meiner Enkelin auch, 'ne. Da gibt's also gar nichts (Mhm). Warum sollte ich auch?« Wie um die prätendierte Offenheit zu belegen, beschreibt Herr Hofer dem Interviewer ein Verbrechen, das sogar »die Ehre des deutschen Soldaten« zu beflecken geeignet ist. Eine Problematisierung dieses Verbrechens aus heutiger Sicht findet darüber hinaus aber in keiner Weise statt: Ganz im Gegenteil argumentiert Herr Hofer mit einer zweckrationalen Begründung, warum die russischen Gefangenen sofort ermordet werden mussten - wobei er ganz offensichtlich davon ausgeht, dass dieses Kalkül auch dem Interviewer einleuchten muss. Im Übrigen sei das alles ja Teil seines gelebten Lebens - und warum, so fragt Herr Hofer rhetorisch, sollte man das alles nicht erzählen? Offenheit lässt sich Herrn Hofer also gewiss nicht absprechen. Im Familienarchiv der Hofers werden sogar Briefe aufbewahrt, die er von der Ostfront in die Heimat geschickt hat. Über einen davon spricht Herr Hof er auch im Interview:
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