Nikita S. Chruschtschow
1958 27. März: Bulganin tritt das Amt des Ministerpräsidenten an Chruschtschow ab. Damit sind die höchsten sowjetischen Staats- und Parteiämter wieder in einer Person vereinigt. In der Außenpolitik propagiert Chruschtschow die Maxime der "friedlichen Koexistenz" ohne zu größeren Konzessionen bereit zu sein. In der Deutschen Frage zeigt er eine zunehmend harte Haltung, die durch jährliche Besuche in der DDR unterstrichen wird. 10. November: Auf einer Kundgebung in Moskau fordert Chruschtschow eine Revision des Potsdamer Abkommens und kündigt an, die Sowjetunion werde ihren Teil der Kontrolle über Berlin an die DDR Übertragen. Damit löst Chruschtschow die sogenannte Berlin-Krise aus. 27. November: In Noten an die drei Westmächte, die Bundesrepublik und die DDR fordert Chruschtschow, Berlin binnen sechs Monaten zu entmilitarisieren und als freie Stadt in eine "selbständige politische Einheit" umzuwandeln. Bei Nichterfüllung dieses "Berlin-Ultimatums" würde die Sowjetunion ihre Berlin-Rechte auf die DDR übertragen. 31. Dezember: In gleichlautenden Noten an die sowjetische Regierung lehnen die USA, Frankreich und Großbritannien Chruschtschows Forderungen mit Bezug auf Berlin vom 27. November ab - die Sowjetunion dürfe nicht einseitig bestehende Verträge aufkündigen.
1959 19. März: In einer Presseerklärung erkennt Chruschtschow die Berlin-Rechte der früheren westalliierten Besatzungsmächte an und nimmt das Berlin-Ultimatum von 1958 zurück. 15.-27. September: Auf Einladung von US-Präsident Dwight D. Eisenhower trifft Chruschtschow als erster sowjetischer Regierungschef zu einem Besuch in den USA ein. Nach Begrüßung auf dem Washingtoner Luftwaffenstützpunkt Andrews durch Präsident Eisenhower tritt er eine zweiwöchige Rundreise durch die USA an. Die letzten drei Tage des Besuches sind Gesprächen zwischen Chruschtschow und Eisenhower in der abgeschiedenen Atmosphäre von Camp David/Maryland vorbehalten. Das Gipfeltreffen wird als versöhnlicher Schritt gewertet. Chruschtschow propagiert erneut die friedliche Koexistenz von Ost und West. Eine Annäherung in der Berlin- und Deutschlandfrage kann allerdings nicht entwickelt werden.
1960 1. Mai: Ein US-amerikanisches Aufklärungsflugzeug wird über sowjetischem Territorium abgeschossen. Der Zwischenfall liefert den Beweis für US-Luftspionage. Auf der Gipfelkonferenz der vier Großmächte am 16./17. Mai in Paris, greift Chruschtschow die USA wegen des Vorfalls an, was zum Scheitern der Gipfelkonferenz führt: Während die westlichen Regierungschefs den Pariser Gipfel zu retten versuchen, unternimmt Chruschtschow am 17. Mai eine Landpartie durch die Provence. 14. Oktober: Chruschtschow nimmt an der UN-Vollversammlung teil. Im Verlauf einer stürmischen Debatte um die Entkolonialisierung zerbricht dem Konferenzvorsitzenden der Ordnungshammer. Der sowjetische Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow nutzt die Gelegenheit, seinem Protest Ausdruck zu verleihen, hämmert mit seinem Schuh auf das Rednerpult und verläßt anschließend die Versammlung.
1961 3. Juni: Chruschtschow und der amerikanische Präsident John F. Kennedy treffen in Wien zu einem zweitägigen Meinungsaustausch über Abrüstungsfragen und das Berlin-Problem zusammen. Trotz einer betont freundlichen Atmosphäre bleibt das Treffen ergebnislos. 4. Juni: Chruschtschow überreicht Kennedy in Wien ein Memorandum zur Deutschlandpolitik, das sogenannte Berlin-Memorandum. Darin schlägt er die Umwandlung West-Berlins in eine entmilitarisierte und neutrale Stadt vor und fordert den Abschluß eines Friedensvertrages. Das Memorandum wird erst am 11. Juni veröffentlicht. Bundeskanzler Adenauer lehnt eine Entmilitarisierung Berlins ab; auch die drei Westmächte zeigen eine ablehnende Haltung. 13. August: Bewaffnete Volkspolizisten der DDR riegeln Ost-Berlin gegen West-Berlin ab. Der Mauerbau beginnt. In der Folgezeit zeigen sich deutliche Risse im Ostblock, besonders im Verhältnis zu Albanien und der Volksrepublik China, die sich zu einem heftigen ideologischen Konflikt zwischen der chinesischen und der sowjetischen Kommunistischen Partei ausweiten.
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