Deutsche Geschichten
Berliner Blockade
Berliner Blockade
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einen „der brutalsten Versuche der neueren Geschichte, eine Massenaushungerung als politisches Druckmittel zu benutzen". Den einzigen defensiven Ausweg bot der offen gebliebene Luftweg. Dennoch stand dahin, ob es technisch möglich sein werde, so den Bedarf von über zwei Millionen Menschen auf unbestimmte Zeit zu decken. Harte Entbehrungen hatten die West-Berliner selbst im günstigsten Falle zu erwarten. Ihre „Westorientierung" würde auf eine harte Probe gestellt werden und entscheidend für den Erfolg der Luftoperation sein. Ernst Reuter (SPD), ihr politischer Sprecher, beantwortete die Frage Clays nach dem Willen der Bevölkerung: „Herr General, es kann überhaupt keine Frage sein, wo die Berliner stehen; die Berliner werden für ihre Freiheit eintreten und werden jede Hilfe, die ihnen geboten wird, dankbar annehmen."

Berliner Blockade
Nachdem der Alliierte Kontrollrat durch den Auszug der Sowjets am 20. März 1948 funktionsunfähig geworden war, kam es zu Behinderungen...

Erst daraufhin ließ Clay den US-Behörden seine positive Empfehlung zukommen. Außerdem war für die endgültige Entscheidung der Westmächte die Absicherung ihrer Position in Berlin maßgeblich; schien doch - nach einem kommunistischen Staatsstreich in der Tschechoslowakei vom Februar 1948 - jedes weitere Zurückweichen vor der Sowjetunion das politische Ende Westeuropas einzuleiten.
Ernst Reuter hatte für die Berliner Seite einen maßgeblichen Anteil an der Mobilisierung der Bevölkerung, wie etwa auf der großen Kundgebung vor dem Reichstagsgebäude am 9. September 1948: „Das Volk von Berlin hat gesprochen ... Völker der Welt! Tut auch Ihr Eure Pflicht... Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!" Nur höchstens 100000 Personen gingen auf östliche Lebensmittelangebote ein. Wiederholt hatten die sowjetischen Stellen die West-Berliner aufgefordert, Lebensmittelkarten in den Geschäften Ost-Berlins anzumelden.

Lebensmittelmarken

Wäre die Bevölkerung in größerer Zahl darauf eingegangen, hätte sie ihr Desinteresse an der westalliierten Hilfe und ihre Kapitulation gegen-
über sowjetischem Druck zum Ausdruck gebracht. Am 26. Juni 1948 war das größte Lufttransport-Unternehmen der Geschichte angelaufen. Bis Mai 1949 brachten die westlichen Alliierten mit rund 213000 Flügen mehr als 1,7 Millionen Tonnen Versorgungs-
güter. Um die Jahreswende 1948/49 begann die Sowjetunion, die Aussichtslosigkeit wie auch die Nachteile der Blockade zu erkennen.

Ihr internationales Ansehen war auf einem Tiefpunkt angelangt, und die westeuropäischen Länder schlossen sich immer enger um die USA zusammen (Gründung der Nordatlanti-
schen Verteidigungsgemeinschaft NATO am 4. April 1949).

Zudem nahm der westdeutsche Staat Gestalt an. Unter dem Eindruck der Blockade teilten die zunächst zögerlichen Politiker in den Westzonen zunehmend die Ansicht der Westmächte, dass es notwendig sei, ein Gegengewicht zu den kommunistischen Ländern zu bilden, selbst wenn das die Teilung vertiefte.

Im Rahmen der Vereinten Nationen (UNO) nahm die Sowjetunion Gespräche mit den USA auf. Sie führten am 4. Mai 1949 zum New Yorker Abkommen der Vier Mächte. Durch diesen Vertrag wurde die Blockade am 12. Mai beendet. Nur elf Tage später, am 23. Mai wurde das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet und verkündet.
Der Preis, der für die Freiheit der Westsek-
toren entrichtet werden musste, waren das Ausscheiden Ost-Berlins aus der gemeinsamen Verwaltung und die Teilung. Im Ostsektor, Bezirk Mitte, residierten das Stadtparlament und der Ost-Berliner Magistrat. Ihre politische Zusammensetzung und Zuständigkeit für ganz Berlin standen der sowjetischen Absicht entgegen, zumindest den eigenen Sektor in die ostzonale Umgestaltung einzubeziehen.

Schließlich stürmten kommunistische Demon-
stranten am 6. September 1948 das Parlament im Neuen Stadthaus. Die nichtkommunisti-
schen Verordneten sahen sich veranlasst, fortan im Westen Berlins zu tagen: erst im Studentenhaus am Steinplatz, dann im Rathaus Schöneberg.

Daraufhin konstituierten die kommunistischen Kräfte eine „Außerordentliche Stadtverordnetenversammlung". Diese setzte am 30. November 1948 einen Magistrat ein, der den sowjetischen Behörden genehm war. Bis zum 1. Dezember musste der legale Magistrat ebenfalls ins Rathaus Schöneberg ausweichen.

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