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2. Weltkrieg
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Grabenkämpfe
Drei Tage hatten wir Ruhe. Der Feind sammelte sich zum weiteren Angriff. Seine Verluste waren sicher enorm, seine Moral bei weitem besser als unsere. Unser Stoßzug, oder was davon noch übrig war, wurde wieder aufgelöst und als Reservegruppe einer Kompanie zugeteilt. Die lag auf einer Anhöhe in Stellung. Am Abend wurden wir nach rechts zu einer Hauptrollbahn in der Nähe des Dorfes Seefeld verschoben. Schon beim Marsch zu diesem Ort wurden wir von russischer Pak unter Feuer genommen. Kaum hatten wir in einem Haus den Kompaniegefechtsstand eingerichtet, als ein Melder atemlos angestürmt kam und schrie: "Sofort raus, der Iwan ist am linken Dorfrand durchgesickert." Er selbst haute gleich wieder ab. Mitten durch das Dorf Seefeld riegelten wir die Einbruchstelle ab und warteten auf Verstärkung. Die ganze Nacht konnten wir die Russen mit unseren MGs in Schach halten. Gegen Morgen kamen Pioniere mit Panzerfäusten und Ofenrohren, der Gegenstoß konnte beginnen. Mit meinem neuen Freund Franz stand ich an einer Hausecke als er brüllte: "He Jupp, schau mal nach rechts rüber, dahinten knallen unsere Landser auf etwas Bestimmtes, ich kann von hier nichts sehen!" Nichts Böses denkend ging ich einen kleinen Hügel hoch, der mir die Sicht nahm. Oh Schreck, etwa 30 Meter vor mir kam in vollem Galopp ein feindliches Pakgeschütz auf mich zugefahren. Zwei Mann saßen auf dem Bock, einer lief hinterher, blieb aber dann zurück. Was sollte ich machen? Nach einer Schrecksekunde ging alles blitzschnell. Ich riss mein Sturmgewehr hoch, traf einen von ihnen, dann sprang ich hinzu und hielt dem anderen das Gewehr vor die Brust. Der arme Kerl vergaß vor Schreck die Hände hochzuheben. Seine Schusswaffe (ein Karabiner), riss ich an mich und gab sie Franz. Der wusste vor Staunen nicht, was er sagen sollte. Es kam ja auch nicht oft vor, dass man ein ganzes Pakgeschütz (Panzerabwehr) mit zwei Pferden und Munition erbeutete. Von links brüllten Kameraden: "Dahinten ist noch einer!" Ach ja, da war der Russe, der zurückgeblieben war. Er hatte sicher gesehen, was mit seinen Kameraden passiert war und versuchte in einer Mulde zu entkommen. In ein paar Sprüngen hatte ich die trennenden 40 Meter zurückgelegt. Ein Drahtzaun hinderte mich, noch näher heranzukommen, und zehn Meter lagen zwischen uns. Ich forderte ihn auf russisch auf, sich zu ergeben. Sekundenlang blickte er mich mit hasserfüllten Augen an, riss sein Gewehr hoch und wollte auf mich schießen. Mein Sturmgewehr schmetterte los, tödlich getroffen brach er zusammen. Warum hatte er sich nicht ergeben? Hatte er vor uns Deutschen soviel Angst wie wir vor den Russen? Ich kannte ihn doch gar nicht, er hatte mir doch nichts getan. Es war ein einziger Wahnsinn hier draußen. Ich lief zurück und sah den Russen, den ich anfangs getroffen hatte. Er stöhnte vor Schmerzen. Der arme Kerl musste einen Bauchschuss bekommen haben. Ich sagte ihm ein paar tröstende Worte und strich ihm mit der Hand übers das Gesicht. Er sagte: "Ouh Pan (Herr), ouh Pan!" Ich antwortete nur: "Wojena tschjort, Krieg Scheiße!""

Zerstörtes russisches Dorf.Zerstörtes russisches Dorf.




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