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2. Weltkrieg
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Leningrad
Wer hier diese Winterkämpfe mitgemacht hat, wird Namen wie EMGA, Gleisdreieck, Schlüsselburg oder Ladogasee nicht so leicht aus seinem Gedächtnis verlieren.
Über Nacht waren wir in diesen Frontabschnitt hineingeworfen worden. Bei EMGA galt es einen Flakriegel zu bilden. Gleich beim ersten Morgengrauen sollte uns das Entsetzen überkommen. Wir waren im Dunkeln hinter einen Erdböschung in Stellung gegangen. Vor uns lag das Niemandsland. Doch der Erdwall schützte uns vor Feindeinsicht. Die Geschütze unseres Zuges lagen etwa 50 bis 60 Meter auseinander. Als unser Waffenwart erstmalig von einem Geschütz zum anderen gehen wollte, entdeckte er auf dem Boden zwei Finger. Er war sehr erschrocken, und bald war das Gruseln in uns allen. Neben den Fingern befand sich ein zugefrorener Bombenkrater. Dort hatte ein deutscher Soldat Schutz gesucht und war von einer Granate getroffen worden.
Der tote Kamerad musste geborgen werden! Mutter, Ehefrau, Kinder, irgendwer wartete auf Nachricht über ihn. Mit der Spitzhacke machten wir uns an die Arbeit. Stück für Stück mussten wir den Leib des Gefallenen aus dem Eis befreien. Der Tote war gänzlich zur Unkenntlichkeit entstellt. Doch als wir am Ende alle gefundenen Körperreste auf einem Schlitten hatten, wussten wir, dass wir nicht nur einen, sondern zwei tote Kameraden aus dem Eis befreit hatten. Zwei bei den Leichenteilen gefundene Erkennungsmarken gaben uns diese Gewissheit. Mir kam das Psalmwort in den Sinn: "Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst..."


Sturm aus dem Kessel

Eine weitere sehr nahegehende Geschichte von Pater Hans Weßling, die ein entscheidendes Kriegserlebnis schildert:
"Wo sind die Kameraden vom vierten Zug? Wo ist Alex mit Hans Loos und Hans Linz ... Wo ist unser Chef, Oberleutnant Crux?" Ein banges Fragen und ein ungeduldiges, langes Warten. Erst am späten Nachmittag des 20. Juli erhalten wir die Antwort. Während ich in der Nacht zuvor die Kameraden vom 2. Zug von Pleskau abholte, musste Oberleutnant Crux plötzlich mit dem vierten Zug in Bereitstellung gehen. Sie waren einem russischen Spähtrupp in die Falle gegangen. Eine Möglichkeit sich zu befreien gab es nur, indem sie zwei von drei Geschützen sprengten, um diese nicht in russische Hände fallen zu lassen. Erleichterung bei uns, als sie wieder auftauchen. Unsere Freude sollte nicht lange anhalten. Wir sind uns bewusst, dass schnellstens gehandelt werden muss. Die Russen sind uns auf den Fersen. Vor uns liegt, in nicht weiter Ferne, ein kleines Dorf. Es scheint menschenleer zu sein. Da müssen wir durch. Wie wir uns dahin aufmachen, sehen wir in der Abenddämmerung von weitem, wie russische Infanteristen die Straße, die zu diesem Dorf führt, überschreiten. Uns fährt der Schreck in die Glieder. Wir sitzen in der Falle. Der großen Kurlandkessel verspüren wir noch nicht hautnah. Schlimm ist es aber sehen zu müssen, dass wir hier, vor diesem kleinen Dorf, ganz offensichtlich eingekesselt sind. - Wir, dass sind die Kameraden vom zweiten und vierten Zug der leichten Flakabteilung 4/834, ausgerüstet jetzt nur noch mit vier leichten 2cm Flak-38-Geschützen und drei Geländefahrzeugen. Etwa 25 bis 30 versprengte Infanteristen haben sich uns angeschlossen. Wehmütig erzählt mir einer von ihnen, ein 18jähriger, von daheim, von der Mutter.
Sobald die Dunkelheit perfekt ist, gibt es nur eine Rettung; ein Sturmlauf durch das menschenleere Dorf. Verzweifelt stürmen wir los. Die ersten Häuser brennen. Nur weiter durch das Feuer. Ich weiß nicht, wie oft es in dieser Nacht von meinen Lippen kommt: "Mutter der Barmherzigkeit bitte für uns, bitte für uns." Unser energisches Auftreten, unser Schreien, unser Stürmen muss den Russen einen gehörigen Schock versetzt haben. Ihr Widerstand verstummt immer mehr. Wir rennen buchstäblich durch das Dorf. Dann weiter, weiter, immer weiter. Als der Morgen anbricht, sinken wir irgendwo am Straßengraben nieder, erschöpft, doch wir sind gerettet. Mehrere Verwundete haben wir mit durch das Feuer gebracht. Einen Kameraden konnten wir nur tot aus dem Kessel herausbringen. Es ist jener junge Infanterist, der sich wehmütig an meine Seite geschmiegt hatte. Irgendwo am Wegesrand schaufeln wir ihm ein Grab. Tief erschüttert sind wir alle. "Vater unser", bete ich vor. Die Stimmer erstickt mir in Tränen. Dann schaufeln wir das Grab zu. Seine Erkennungsmarke habe ich gerettet. Ich werde sie später unserem Spieß weitergeben.
Sechs Wochen nach dem Sturm durch diese feurige Nacht, heftet unser Regimentskommandeur, Generalmajor Bulla, mir, dem Obergefreiten, das Deutsche Kreuz in Gold an die Brust. Dann befördert er mich auf der Stelle zum Unteroffizier. Ich habe mir nie für meinen Einsatz eine Auszeichnung gewünscht. Aber ich schäme mich nicht dafür, dass man mir das Eiserne Kreuz I. Klasse und das Deutsche Kreuz verliehen hat. Und ich bin Gott dankbar, dass er mir Kraft gab, meinen Kameraden hierbei ein Ansporn gewesen zu sein.

Auszeichnung mit dem Deutschen Kreuz nach einer verzweifelten Ausbruchaktion.Auszeichnung mit dem Deutschen Kreuz nach einer verzweifelten Ausbruchaktion.

Von dem Tag an, da man mich zum Unteroffizier beförderte, musste ich meine Kameraden vom 10. Geschütz verlassen. Ich wurde Geschützführer vom 11. Geschütz und tat dort mit Ernst Haunstetter, einem lieben Kamerad aus München, meinen Dienst.

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