|
Buchauszug
Gretchen Dutschke-Klotz Initiatorin der ersten Berliner KommunegruppeIn Berlin nahm mich Rudi zur "Subversiven Aktion" mit. Das war die Gruppe, der er angehörte, als ich ihn kennen lernte. Ich habe aber nichts verstanden, weil ich noch nicht genug Deutsch konnte. Dann gab es den SDS, und natürlich bin ich mit ihm auch dort hingegangen. Der SDS bestand aus einer Gruppe von Intellektuellen, die wahnsinnig überhebliche Menschen waren. Es gab zwar einige, die nicht so waren, aber die Hauptrichtung war so. Sie sprachen eine Sprache, die, außer ganz wenigen, niemand verstehen konnte. Sie klang wie eine Geheimsprache. Und es war eine Organisation von Männern. Frauen waren dabei, aber mit wenigen Ausnahmen hatten sie nichts zu sagen. Die Einstellung dieser Männer zu Frauen war, bis auf wenige Ausnahmen, sehr altmodisch und patriarchalisch bestimmt. Trotzdem hat der SDS eine große Rolle gespielt, um die 68er-Bewegung in Gang zu bringen. Ich habe gleich ein paar Frauen kennen gelernt, die auch ziemlich sauer darüber waren, was dort vor sich ging. Der SDS war zwar auch unser Bezugspunkt, aber wir hatten keine Lust mehr hinzugehen. Wir waren sechs oder sieben Frauen, allesamt von Männern, die im SDS waren, und bildeten eine Frauengruppe. Gertrud Hemmer, die später in die K 2 ging, war dabei, Rosemarie und einige andere. Meistens haben wir darüber geredet, wie sauer wir sind, und haben Bebels Buch "Die Frau und der Sozialismus" gelesen. Diese Frauengruppe lief aber nur einige Monate. Sigrid Fronius war eine von ganz wenigen Frauen, die damals überhaupt öffentlich geredet haben und dabei nicht unmittelbar Lachen auslösten. Ich habe sie als einen sehr mutigen Menschen wahrgenommen, der gute Sachen gesagt hat. Da war noch eine andere Frau, Elke, die auch viel geredet und gute Sachen gesagt hat. Die Männer haben oft gelacht, wenn sie geredet hat. Doch sie war sehr mutig, denn sie ist immer wieder aufgestanden. Die Probleme mit dem SDS fand ich irgendwann nur noch unerträglich und wollte überhaupt nicht mehr hingehen. Für mich war es nicht akzeptabel, welche Rolle die Frauen spielen sollten, eben Haushalt machen, kochen und vielleicht auch noch für die Männer tippen. Sie sollten zwar an Demonstrationen teilnehmen, nicht aber an politischen Diskussionen. Doch weil es für Rudi so wichtig war, habe ich überlegt, wie man mit diesen Menschen sinnvoll reden kann. Meine Idee war, dass sich daran etwas würde, wenn man zusammenlebt. Dann könnte es so organisiert werden, dass Frauen und Männer an allem beteiligt sind. Die Frauen könnten mehr Politik, die Männer mehr Haushalt machen. Rudi hat diesen Gedanken vollständig akzeptiert und einige andere von den Männern theoretisch auch. So kam ich darauf, eine Kommune zu gründen. Als ich Rudi davon erzählte, fand er die Idee gut und meinte, wir sollten mit anderen Leute darüber reden. Er würde einfach welche einladen. Doch ich habe gesagt, dass ich die Leute lieber selbst einladen würde, weil ich nicht alle dabei habe wollte. Also habe ich eine Liste gemacht, und wir haben uns getroffen. Als ich nach Deutschland kam, gab es in den USA bereits Versuche mit Kommunen, etwa in Kalifornien, über die ich gelesen hatte. Wir dachten es wäre ein guter Einstieg, darüber zu reden. Zum ersten Treffen kamen vielleicht fünfzehn Leute. Ich habe über die verschiedenen historischen Kommuneversuche und über aktuelle Beispiele aus Amerika berichtet und anschließend haben wir darüber diskutiert. Andere hörten davon und wollte auch dabei sein. Nach kurzer Zeit waren wir in dieser Gruppe schon zwanzig bis dreißig und in der Hauptzeit sogar fünfzig Personen. Wir trafen uns wenigstens einmal in der Woche. Zu der Zeit war ich mit Helga Reidemeister befreundet. Ihr Mann war Architekt. Beide waren zu dieser Kommunegruppe dazugestoßen. So kamen wir darauf, ein Haus zu bauen, das so beschaffen ist, dass man als Kommune darin leben kann, weil es Platz für gemeinschaftliches Leben und Wirtschaften bietet. Wir haben auch überlegt, wie man das Geld dafür zusammenkriegen könnte.
|
|