Wannseekonferenz -»Endlösung der Judenfrage«
Hitler hatte schon in seinem Bekenntnisbuch »Mein Kampf« seine Absicht kundgetan, im Falle einer Machtübernahme eines Tages das Judentum aus dem deutschen Volksleben »auszumerzen«. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte er wiederholt diesen Plan als unverrückbares Ziel bezeichnet. In Deutschland und nach dem Anschluss auch in Österreich war schon vor dem Krieg die Zahl der jüdischen Bürger infolge der ständigen Diffamierungen und Demütigungen nach Erlass der Nürnberger Gesetze, schließlich nach dem Judenpogrom des 9. November 1938, der so genannten Reichskristallnacht, durch Auswanderung, die sich zur Massenflucht ausweitete, um mehr als die Hälfte vermindert worden. Mit Kriegsbeginn steigerten sich die Drangsalierungen jüdischer Menschen zu brutalen Terrormaßnahmen, besonders in den besetzten Ostgebieten, wo Himmlers berüchtigte Einsatzgruppen die jüdische Bevölkerung in Ghettos zusammentrieben und durch Massenexekutionen dezimierten. Die letzte und höchste Steigerung der unmenschlichen Barbarisierung begann mit dem Russlandfeldzug, den Hitler zum »Weltanschauungskrieg« gegen das »jüdischbolschewistische Untermenschentum« erklärt hatte. Jetzt wurde auch der ursprüngliche Plan, die europäischen Juden geschlossen nach Madagaskar umzusiedeln, zugunsten der Deportation in den Ostraum aufgegeben. Im Auftrage Hitlers wies Göring am 31. Juli 1941 den SS-Gruppenführer und Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) Reinhard Heydrich, die rechte Hand Himmlers, an, eine Gesamtplanung für die »Endlösung der Judenfrage« zu erstellen. Heydrich erläuterte seinen Plan am 20. Januar 1942 den Vertretern derjenigen Reichsministerien und obersten Parteidienststellen, die in irgendeiner Form mit dieser Aktion befasst waren. Das Protokoll dieser Wannseekonferenz entstammt den Aufzeichnungen des SS-Sturmbannführers Eichmann. Heydrich entwickelte in bürokratischer Tarnsprache sein Vorhaben. Die im Herrschaftsbereich der SS liegenden europäischen Länder sollten systematisch »gesäubert« werden, die Juden »in geeigneter Weise im Osten zum Einsatz kommen«, wobei schon einkalkuliert wurde, dass dabei »zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird.« Der übrig bleibende Teil »wird entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist.« Mit dieser grausamnüchternen Amtssprache war eindeutig die Ausrottung, auch die der Kinder, vorprogrammiert. Schwerbeschädigte und Weltkriegsteilnehmer mit Auszeichnungen sollten von diesen Deportationen ausgenommen und in Altersghettos eingewiesen werden. Diese scheinheilige Maßnahme sollte nach Heydrichs Worten »mit einem Schlage die vielen Interventionen« ausschalten. Eichmann erhielt den Auftrag, die bürokratisch-technischen Vorarbeiten zu leisten. Niemand von den anwesenden Behördenvertretern erhob Widerspruch. Auf der Wannseekonferenz waren damit die organisatorisch-technischen Voraussetzungen für den größten Völkermord der Weltgeschichte geschaffen worden.Quelle: "Schlaglichter der deutschen Geschichte" Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung. Copyright F. A. Brockhaus GmbH, Leipzig - Mannheim, Dudenstraße 6, 68167 Mannheim
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