Dawesplan
Mit der Aufgabe des Ruhrkampfes und der Stabilisierung der Währung waren die Voraussetzungen für eine grundlegende Neuregelung der Reparationen geschaffen. Hatten die Reparationsverhandlungen bisher noch ganz in der Atmosphäre des Gegensatzes zwischen Siegern und Besiegten stattgefunden, so änderte sich die Situation gegen Ende des Jahres 1923 merklich, nicht zuletzt dadurch, dass die USA als Hauptgläubiger ihre Politik der freiwilligen Isolation aufgaben und wieder an den europäischen Konferenzen verstärkt teilnahmen. Ein unter dem amerikanischen Finanzexperten Charles G. Dawes gebildeter Sachverständigenausschuss legte im Frühjahr 1924 einen neuen Finanzierungsplan vor, der das Reparationsproblem ausschließlich unter sachlichen Gesichtspunkten und unter Zugrundelegung des wirtschaftlich Möglichen behandelte. Eine Gesamtsumme der deutschen Reparationsleistungen wurde auch jetzt noch nicht festgelegt, ebenso die Frage einer zeitlichen Begrenzung nicht angesprochen. Der Plan setzte aber für die nächsten 5 Jahre erträglichere Jahresleistungen fest und erkannte die Notwendigkeit einer Erholungspause für die deutsche Wirtschaft an, zu deren Wiederbelebung eine internationale Anleihe von 800 Millionen Goldmark beigesteuert wurde. Anstelle der Reparationskommission wurde das Amt des Reparationsagenten in Berlin geschaffen, das den Transfer der deutschen Reparationszahlungen in fremde Währungen durchzuführen und Rücksicht auf die deutsche Leistungsfähigkeit und die Stabilität der Währung zu nehmen hatte. Der Dawesplan wurde von den Rechtsparteien, die seine Ausführung als »Erfüllungspolitik« denunzierten, heftig kritisiert, aber dann doch im Reichstag mit der Mehrheit der Stimmen angenommen, weil ein Teil der DNVP- Abgeordneten unter dem Einfluss der Industrie und der Landwirtschaft dafür stimmte.Quelle: "Schlaglichter der deutschen Geschichte" Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung. Copyright F. A. Brockhaus GmbH, Leipzig - Mannheim, Dudenstraße 6, 68167 Mannheim
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