1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Versailles
 

Rapallo
Anlässlich einer internationalen Wirtschaftskonferenz in Genua im April/Mai 1922, zu der neben einer deutschen Delegation erstmalig auch eine sowjetrussische Abordnung eingeladen war, kam es zu Sonderverhandlungen zwischen Russen und Deutschen im benachbarten Rapallo, die am 16. April zu einem Vertragsabschluss führten. In dem Vertrag von Rapallo, der auf deutscher Seite von Reichskanzler Wirth und Reichsaußenminister Rathenau, auf russischer Seite von Außenminister Tschitscherin unterzeichnet wurde, nahmen die beiden Staaten wieder diplomatische Beziehungen auf und verzichteten auf eine Erstattung der durch den Krieg verursachten Kosten und Schäden.
Die Westmächte wurden durch diesen überraschenden Vertragsabschluss der deutschen Regierung vor vollendete Tatsachen gestellt und zeigten sich über das eigenmächtige Vorgehen der Deutschen verärgert, zumal der Vertrag ihre eigenen Pläne durchkreuzte. Die deutsche Delegation hat jedoch in Genua deutlich zu machen versucht, dass der Vertrag von ihr nicht dazu benutzt werden würde, West gegen Ost auszuspielen und dadurch die deutsche Position international zu verändern. Innenpolitisch hat der Vertrag zwar eine gewisse Befriedigung darüber ausgelöst, dass die Deutschen begonnen hatten, ihre Handlungsfreiheit zurückzugewinnen, aber die Träume einer Minderheit, dass Deutschland nun eine stärker ostorientierte Politik betreiben und möglicherweise zusammen mit Russland eine Revision der Grenzen gegenüber Polen anstreben würde, zerrannen schnell. Außenminister Rathenau wurde kaum einen Monat später auf der Straße von Angehörigen einer rechtsradikalen, antisemitischen Vereinigung ermordet.

Quelle: "Schlaglichter der deutschen Geschichte"
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