Terror im Wahlkampf
Mit den Erlassen wurde nicht nur eine ungleiche Behandlung der Wahlkampfparteien bewirkt, sondern auch der SA-Terror gedeckt. Die Polizei sah tatenlos zu, wie Teilnehmer republikanischer Wahlversammlungen von SA-Truppen angegriffen und wie beispielsweise in einer Versammlung des Zentrums in Krefeld am 22. Februar der ehemalige Reichsarbeitsminister Adam Stegerwald niedergeschlagen wurde. Jeder Tag brachte neue Nachrichten über den SA-Terror bei Kundgebungen von SPD und Zentrum, von Verwüstungen in Zeitungsredaktionen und von Überfällen auf Politiker der demokratischen Parteien. Viele Sozialdemokraten, die wie der frühere Berliner Polizeipräsident Albert Grzesinski sich knapp vier Wochen zuvor noch sicher waren, daß man Hitler überstehen werde, resignierten bereits Ende Februar, da sie um Leib und Leben fürchten mußten. Mit einer Welle von willkürlichen Verhaftungen sollte der politische Gegner überdies eingeschüchtert und ausgeschaltet werden. Insgesamt zählte man bis zu den Wahlen offiziell 69 Tote und Hunderte von Verletzten. Es gab auch besorgte Stimmen, Warnungen, Proteste und Versuche von Gegenwehr. Die Zentrumsführung appellierte in einem Zeitungsartikel an den Reichspräsidenten und den Vizekanzler, "den unglaublichen Zuständen ein Ende zu bereiten". Aber solche Bemühungen blieben ebenso vergeblich wie der Versuch, eine christlich-nationale Sammlungsbewegung bis hin zur politischen Mitte zu bilden. Sie scheiterten sowohl an den inneren Gegensätzen und persönlichen Rivalitäten im bürgerlich-konservativen Lager als auch an der Beschwichtigungs- und Verführungstaktik Hitlers. Dieser zeichnete gegenüber wichtigen gesellschaftlichen Interessenvertretern das um Vertrauen werbende Bild eines künftigen autoritären Staates und einer autoritären Wirtschaftsordnung. Was nach der Ausschaltung der "marxistischen Gewerkschaften" eine "ruhige Zukunft" verheiße. Bei einem Empfang für einflußreiche Industrielle am 20. Februar, kündigte der Reichskanzler schließlich dementsprechend an: "Wir stehen jetzt vor der letzten Wahl" und drohte dann weiter dunkel: "So oder so, wenn die Wahl nicht entscheidet, muß die Entscheidung eben auf einem anderen Wege fallen." Diese Andeutungen und die Hoffnung auf einen "starken, unabhängigen Staat", in dem nach dem Wunsche des Sprechers der Industriellen, Gustav Krupp von Bohlen, allein Wirtschaft und Gewerbe blühen könnten, weckte bei den Anwesenden die Bereitschaft, die bereitgestellte Wahlkampfkasse der NSDAP kräftig zu füllen. Zuvor hatte sich Hitler auch schon die Neutralität der Reichswehr gesichert, als er in der Besprechung vom 3. Februar vor der Armeeführung seine "Zwei-Säulen-Theorie" entwickelte und damit dieser als einziger Waffenträgerin der Nation eine tragende und autonome Rolle im neuen Staat neben der NSDAP zugesichert hatte. Dafür sollte sich die bewaffnete Macht aus allen innenpolitischen Auseinandersetzungen heraushalten. Damit traf Hitler die Einstellungen und Erwartungen der Armeeführung. Er konnte zudem auf die volle Loyalität von Reichswehrminister Werner von Blomberg setzen, der mit seiner eindeutigen Parteinahme für Hitler als Bastion aus dem Zähmungskonzept der Deutschnationalen schon herausgebrochen war. Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright Bundeszentrale für politische Bildung www.bpb.de
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