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Berlins Bedeutung für Deutschland
Berlin liegt im Nordosten Deutschlands und in der Mitte Europas, etwa auf der Breite von London und der Länge von Neapel. Bei Berlin schneiden sich die Achsen Paris-Warschau-Moskau und Stockholm-Prag-Wien -Budapest. Warschau ist 500 Kilometer entfernt, Paris 870 Kilometer. Zur Grenze nach Polen sind es nur 90 Kilometer. Das achtgrößte Bundesland hat 3,5 Millionen Einwohner und eine Fläche von 889 Quadratkilometern. Es ist zugleich die größte deutsche Stadt. Ein Viertel seiner Fläche sind Wälder, Seen und Flüsse, ein weiteres Fünftel wird als Erholungsraum sowie landwirtschaftlich genutzt. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 148 Milliarden DM (1995) übertrifft Berlin Irland oder Griechenland. Die Landesgrenze zum umliegenden Bundesland Brandenburg mißt insgesamt 234 Kilometer. Unmittelbar benachbart sind acht Stadt- und Landkreise, in denen etwa eine Million Menschen leben. Damit bildet die Region den zweitgrößten Ballungsraum in Deutschland nach dem Rhein-Ruhr-Gebiet. Historisch betrachtet, verbinden sich mit dem Namen Berlin sehr unterschiedliche Gedanken, Vorstellungen und Gefühle. Der Name dieser Stadt steht für Leistungen und Verfehlungen, für politische Höhen und Tiefen in der jüngeren deutschen Geschichte. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 war Berlin die Hauptstadt von so unterschiedlichen Staaten wie dem Kaiserreich, der Weimarer Republik und dem nationalsozialistischen Deutschland. Von Berlin aus wurde der Zweite Weltkrieg begonnen und geführt und die Ermordung der europäischen Juden organisiert. Nach 1945 wurde Berlin zum Brennpunkt der deutschen Teilung. Es verlor seine Hauptstadtfunktion für Deutschland als Ganzes. Für die 1949 gegründete Bundesrepublik stand Bonn, während die DDR den östlichen Teil Berlins zum Regierungssitz und zu ihrer Hauptstadt machte. Berlin war aber nicht - wie mitunter angenommen - der Verursacher der tiefen Brüche der deutschen Geschichte, sondern lediglich zentraler Schauplatz des politischen Geschehens. In der Zeit der Teilung war es die Berliner Bevölkerung, die durch Abstimmungen und eindeutiges Verhalten Politik machte und dafür sorgte, daß der Westteil der Stadt mit der Bundesrepublik und den anderen demokratischen Staaten des Westens verbunden blieb. Welche Bedeutung der Stadt international beigemessen wurde, zeigte die Stationierung von Truppen der vier Siegermächte, USA, UdSSR, Frankreich und Großbritannien, über den gesamten Zeitraum der Teilung. Berlin war die geometrische Mitte eines Mobiles der deutschen und der internationalen Politik. Wer auf die Mitte Druck ausübte, setzte damit die gesamte internationale Politik in Bewegung. Bereits seit der sowjetischen Blockade 1948/49 waren die USA, Großbritannien und Frankreich von Besatzungsmächten zu Schutzmächten West-Berlins geworden. Die Verletzbarkeit der inmitten der DDR gelegenen Stadt förderte die Westbindung der Bundesrepublik Deutschland. So konnte West-Berlin als Teil der freiheitlichen Demokratie der Bundesrepublik erhalten werden. Vor dem Mauerbau (1961) war West-Berlin für die Ost-Berliner und die Menschen aus der DDR zugänglich und auf diese Weise eine Begegnungsstätte der Deutschen aus Ost und West. Die Notwendigkeit, die schwierige Lage West-Berlins und die seiner Bürger zu erleichtern, führte 1971 zum Viermächte-Abkommen der ehemaligen Sieger. Auch die gesamte Vertragspolitik der Bundesrepublik mit den damaligen kommunistischen Staaten einschließlich der DDR war wesentlich mitgeprägt von der Verantwortung für die Stadt. Das Aufeinandertreffen von Ost und West in der Mitte Europas mahnte beide Seiten, Konflikte zu verhüten und Streitigkeiten friedlich beizulegen. Wie die Bürger in den Westsektoren hatten auch die Ost-Berliner 1946 mehrheitlich gegen die SED gestimmt. Sie waren dennoch in die Diktatur der sowjetischen Zone einbezogen worden. Sie hatten keine Möglichkeit mehr, ihren politischen Willen frei zu äußern. Den Aufstand 1953, der von Ost-Berlin ausging, schlugen sowjetische Truppen gewaltsam nieder. Die 1961 errichtete Mauer beendete zwar den Flüchtlingsstrom nach Westen, die menschlichen Bindungen konnte sie jedoch nicht verhindern. Als die SED-Herrschaft 1989 in die letzte Krise stürzte und die Partei sich genötigt sah, die Mauer zu öffnen, begannen die Ost-Berliner mit dem Ansturm auf die Grenzübergänge. Mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit folgte der Weg in die deutsche Einheit. Mit der Vereinigung wurde Berlin im Jahre 1990 wieder zur Hauptstadt Deutschlands. Die beiden deutschen Regierungen hatten dies im Einigungsvertrag vereinbart. 1991 beschloß der Deutsche Bundestag mit knapper Mehrheit, Parlament und Regierung nach Berlin zu verlegen. 1994 wurde der Beschluß im Berlin/Bonn-Gesetz bekräftigt sowie rechtlich verfestigt. Ebenso billigte der Bundestag einen Zeitplan. Danach wird er seine Arbeit in der 14. Legislaturperiode „möglichst früh, spätestens in der Sommerpause 2000", in der Bundeshauptstadt aufnehmen. Der Rahmen gilt auch für die Bundesregierung. So werden sich Erfolge und Probleme der vergrößerten und veränderten Bundesrepublik zunehmend in Berlin darstellen. Hier sind die Spuren der ferneren und jüngeren Vergangenheit augenfällig. Diese unmittelbare Anschauung kann den Deutschen helfen, sich ihrer Geschichte mit all den Brüchen bewußt zu bleiben. Zugleich läßt sich in Berlin erkennen, wie das Land insgesamt heute wieder zusammenwächst, welche Fortschritte es macht, aber auch, welche Schwierigkeiten es zu überwinden gilt, bis die „innere" Einheit schließlich erreicht sein wird.Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright Bundeszentrale für politische Bildung www.bpb.de
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