1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
2. Weltkrieg
 

Diadochenkämpfe
Vorher war es zu heftigen Diadochenkämpfen und Absetzbewegungen der nationalsozialistischen Führungsclique gekommen: Göring hatte schon am 23. April aus Berchtesgaden anfragen lassen, ob das Nachfolgegesetz vom Juni 1941 noch gültig sei und er angesichts der Tatsache, daß der „Führer“ in Berlin eingeschlossen sei, Handlungsvollmacht besäße. Hitler empfand diese Anfrage als offenen Verrat und eine Art Staatsstreich. Er stieß ihn in seinem politischen Testament aus der Partei aus und verfügte dasselbe gegenüber Himmler. Dieser hatte auf eigene Faust einen Separatfrieden mit dem Westen angestrebt, war aber von den Westmächten mit dem Hinweis abgewiesen worden, daß nur eine bedingungslose Gesamtkapitulation in Frage käme. Himmlers Versuch, als einfacher Soldat verkleidet, zu entkommen, endete mit seiner Gefangennahme in Lüneburg und seinem Selbstmord am 23. Mai. Als Goebbels am 1. Mai mit seinem Versuch scheiterte, im Inferno des eroberten Berlin einen separaten Waffenstillstand mit den Sowjets abzuschließen, nahm er sich mit seiner Familie im Führerbunker das Leben. Damit hatte sich der größte Teil der NS-Führung durch Selbstmord der Verantwortung entzogen. Andere Unterführer, wie Hermann Göring und Joachim von Ribbentrop, wurden vom Alliierten Militärgerichtshof in Nürnberg zum Tode oder, wie Albert Speer und Rudolf Heß, zu langer Haft verurteilt.
Die nationalsozialistische Herrschaft, von großen Teilen der deutschen Gesellschaft unterstützt und teilweise gefeiert, endete in Zerstörung, Vernichtung und mit dem Zusammenbruch deutscher Staatlichkeit. Noch schwerer als die territorialen und materiellen Verluste, mit denen das deutsche Volk seine Loyalität zu Hitler und dem NS-Regime bezahlen mußte, wogen die Millionen Toten, die der Krieg und eine Vertreibungspolitik gekostet hatten, die zunächst von den deutschen Behörden gegen die Völker Osteuropas und dann von der Roten Armee und den osteuropäischen Staaten gegen die deutsche Zivilbevölkerung veranlaßt wurde.
Eine einzigartige historische Bedeutung und Belastung haben die Verbrechen, die zwischen 1933 und 1945 im deutschen Namen aus rassenideologischen Gründen gegen Juden, Polen, Serben und Russen, aber auch gegen Sinti und Roma, gegen Geisteskranke und sogenannte „Gemeinschaftsfremde“ verübt wurden. Sie verdeutlichen die Zerstörungskraft des Nationalsozialismus, der eine Gegenrevolution gegen die politischen und moralischen Werte der Moderne bedeutete, sich dabei aber aller Möglichkeiten neuester Technik und Methoden der Massenkommunikation bediente. Das ist der Kern der Doppelgesichtigkeit und Widersprüchlichkeit des Nationalsozialismus: Er hatte zu Beginn in einer krisengeschüttelten Welt Rettung und Bewahrung versprochen und gab sich dann nach einer rasanten Phase der Machteroberung den verführerischen Anschein einer Arbeit und sozialen Aufstieg sichernden Wohlfahrtsdiktatur, um letztlich aber die Gewalt- und Zerstörungspotentiale freizusetzen, die in der nationalsozialistischen Glaubens- und Kampfbewegung angelegt waren und von großen Teilen der deutschen bürgerlichen Gesellschaft aus sehr unterschiedlichen Motiven unterstützt oder hingenommen wurden. Am Ende stand darum nicht nur eine militärische und staatliche, sondern auch eine moralische, politische und kulturelle Katastrophe, von der sich Deutschland nur mühsam erholen konnte und die lange auf der deutschen Geschichte lasten wird.


Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright
Bundeszentrale für politische Bildung
www.bpb.de


 
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