|
Regierung von Papen
| | | Franz von Papen ( 29. Oktober 1879 - 2. Mai 1969 )
| | Brünings Nachfolger wurde Franz von Papen, ein katholisch-westfälischer Adeliger, bis zum Kriegsende Berufsoffizier, seither preußischer Landtagsabgeordneter, der in der Zentrumspartei auf dem rechten (monarchistischen) Flügel stand. Als Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der Zentrumszeitung "Germania" sowie als Mitglied des konservativ-elitären Berliner "Herrenklubs" verfügte Papen über gute Kontakte zu Industrie, Großlandwirtschaft, Banken und Bürokratie. Da er gegen den Willen der Zentrumsführung, die über Brünings Sturz verärgert war, die Kanzlerschaft annahm, musste er aus der Partei austreten. Seine Ernennung löste Erstaunen aus, da man ihm allgemein die Kompetenz für ein höheres Staatsamt absprach. Auf den Vorwurf "Der Papen ist doch kein Kopf!" antwortete Schleicher ungerührt: "Das soll er ja auch nicht sein. Aber er ist ein Hut." Das erwies sich jedoch als Fehleinschätzung: Papen gewann rasch das uneingeschränkte Vertrauen Hindenburgs und entzog sich Schleichers Bevormundung. Am 1. Juni 1932 wurde die neue Regierung aus sieben adligen und nur drei bürgerlichen Ministern vereidigt, die nationalkonservativ eingestellt, aber meist parteipolitisch nicht gebunden waren. Schleicher trat als Reichswehrminister erstmals selbst ins Rampenlicht. Dieses "Kabinett der Barone" repräsentierte überwiegend die Interessen der ostelbischen Großagrarier und der ihr nahe stehenden militärischen Führungsschicht. Die Industrie war nur durch den reaktivierten Wirtschaftsminister Warmbold vertreten, Mittelschichten und Arbeitnehmerschaft dagegen überhaupt nicht. Einer derart einseitig zusammengesetzten Regierung wurde von der Öffentlichkeit die Überwindung der Wirtschaftskrise noch weniger zugetraut als dem Kabinett Brüning. Prompt fielen die Aktienkurse. Im Reichstag wurde Papen lediglich von der DVP und der DNVP unterstützt. Die SPD-Fraktion beendete sofort ihre Tolerierungspolitik. Ihrem geplanten Misstrauensantrag kam die Regierung jedoch zuvor: Am 4. Juni 1932 löste Hindenburg den Reichstag mit der Begründung auf, nach den Ergebnissen der zurückliegenden Landtagswahlen entspreche er nicht mehr "dem politischen Willen des deutschen Volkes". Damit spielte er darauf an, dass die NSDAP bei den Landtagswahlen am 24. April in Preußen, Württemberg, Hamburg und Anhalt stärkste, in Bayern zweitstärkste Partei geworden war und jetzt in Anhalt der Regierung angehörte - wie schon in Thüringen (von Januar 1930 bis April 1931) und Braunschweig (seit September 1931). Die vorzeitige Auflösung des bis September 1934 gewählten Reichstages war Teil der geheimen Absprache zwischen Schleicher und Hitler vom 7. April 1932. Im Sommer 1932 fand der blutigste Wahlkampf in der deutschen Geschichte statt. Immer öfter kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen der SA, die durch geschickte Werbung junge Dauerarbeitslose anzog, der SS und dem Stahlhelm einerseits sowie dem RFB und dem Reichsbanner andererseits. Bei Straßenkrawallen, Schießereien, Saalschlachten und Mordanschlägen gab es in den Monaten Juni und Juli 1932 etwa 300 Tote und über 1100 Verletzte. Allein am 17. Juli, dem "Altonaer Blutsonntag", starben 18 Menschen und wurden 68 zum Teil schwer verletzt, als sich aus einem Demonstrationsmarsch der SA durch die kommunistischen Hochburgen von Altona ein stundenlanges Feuergefecht entwickelte. Unter der Regierung Papen nahmen die autoritären Verfassungspläne der Umgebung Hindenburgs konkrete Gestalt an. Papen entwickelte die Idee eines "Neuen Staates", der freilich ein altbekannter war, denn seine wesentlichen Prinzipien lauteten: ·Vereinigung der Ämter des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten, ·Unabhängigkeit des Reichskanzlers vom Vertrauen des Reichstages, ·Einrichtung eines dem Parlament übergeordneten, aristokratisch und berufsständisch zusammengesetzten "Oberhauses", dessen Mitglieder vom Reichspräsidenten ernannt wurden. Die Ähnlichkeit dieser Vorstellungen mit den Strukturen des Kaiserreiches ist unübersehbar - am Ende der Entwicklung sollte denn auch die Rückkehr zur Monarchie stehen. Der erste Schritt auf dem Weg zum "Neuen Staat" lag nahe: die Ausschaltung der preußischen Landesregierung. Die Gelegenheit zum Angriff auf die "rote Festung" war günstig, denn die Weimarer Koalitionsregierung unter Otto Braun (SPD) hatte in der Landtagswahl vom 24. April 1932 ihre Mehrheit verloren. Die neue Sitzverteilung im preußischen Landtag (KPD: 57, SPD: 94, Zentrum: 67, DVP: 7, DNVP: 31, NSDAP: 162) ergab eine "negative Mehrheit" der rechts- und linksradikalen Parteien. Da eine Zentrum-NSDAP-Koalition nicht zustande kam, blieb das Kabinett Braun als geschäftsführende Regierung im Amt. Überdies war der angesehene Ministerpräsident Braun gesundheitlich angeschlagen und besaß keinen Kampfgeist mehr. Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright Bundeszentrale für politische Bildung www.bpb.de
|
|