Brünings Entlassung
| | | Heinrich Brüning ( 26. November 1885 - 30. März 1970 )
| | Im Laufe seiner Kanzlerschaft hatte sich Brüning die Sympathien der Präsidentenberater und der hinter ihnen stehenden autoritär-monarchistisch gesinnten Teile der militärischen, bürokratischen und wirtschaftlichen Eliten immer mehr verscherzt, weil er sich nicht als Marionette benutzen ließ, sondern seinen eigenen politischen Kurs steuerte, noch dazu toleriert von der SPD, die diesen Eliten besonders verhasst war. Zum entscheidenden Konflikt kam es, als Brüning sowie Innen- und Reichswehrminister Groener dem dringenden Wunsch zahlreicher Länder (darunter Bayern ebenso wie Preußen) nachgaben und beim Reichspräsidenten ein Verbot der SA und der SS erwirkten, um die Hauptursache der politischen Gewalt zu bekämpfen; es trat am 13. April 1932 in Kraft. In der Umgebung des Reichspräsidenten war man unzufrieden, dass nicht auch zugleich das republiktreue Reichsbanner verboten worden war. Zudem wurde General von Schleicher durch dieses Verbot bei seinen Vorbereitungen zum Sturz des Kabinetts Brüning und zu einer Regierungsbeteiligung der NSDAP gestört. Über seinen ehemaligen Regimentskameraden Oskar von Hindenburg überzeugte er den Reichspräsidenten davon, dass das Verbot politisch inopportun sei (Heinrich August Winkler). Schleicher stellte sich zunächst gegen seinen Vorgesetzten und Förderer Groener - am 12. Mai kam Groener seiner Entlassung durch Rücktritt zuvor. Am 7. Mai trafen Schleicher und Hitler eine geheime Absprache: Schleicher sollte für den Sturz Brünings, die Wiederzulassung von SA und SS und für Reichstagsneuwahlen sorgen. Im Gegenzug sagte Hitler die Tolerierung der nächsten Präsidialregierung im Reichstag zu. Nach dem Rücktritt Groeners war auch für die Entlassung Brünings bald ein Grund gefunden. Der Reichskanzler wollte im Mai den ostelbischen Gutsbesitzern eine weitere kräftige Finanzhilfe zukommen lassen. Die nicht mehr sanierungsfähigen Güter sollte der Staat jedoch aufkaufen oder ersteigern und in bäuerliche Siedlerstellen für Arbeitslose aufteilen, um die Städte sozialpolitisch zu entlasten. Es fiel der "Kamarilla" leicht, den Reichspräsidenten (und Gutsbesitzer) gegen diesen "Agrarbolschewismus" aufzubringen. Als Hindenburg am 29. Mai Brüning barsch zurechtwies ("Diese Regierung muss weg, weil sie unpopulär ist.") und ihm die Anwendung des Artikels 48 WV entzog, musste die Reichsregierung am nächsten Tag zurücktreten. Brüning hatte seine Deflationspolitik eisern durchgehalten; zuletzt plante er beispielsweise, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes von 20 auf 13 Wochen zu verkürzen. Seiner Ansicht nach stand er "hundert Meter vor dem Ziel". Tatsächlich wurde wenige Wochen später das Reparationsproblem in seinem Sinne gelöst. Bereits im Dezember 1931 hatte der im Young-Plan vorgesehene Überprüfungsausschuss festgestellt, dass Deutschland auch nach Ablauf des Hoover-Moratoriums keine Leistungen werde erbringen können. Nun einigte sich die vom 16. Juni bis 9. Juli 1932 in Lausanne tagende Konferenz aller betroffenen Staaten auf eine völlige Streichung der deutschen Reparationsverpflichtungen; die geforderte (eher symbolisch gemeinte) Abschlusszahlung wurde nie geleistet. Der Preis für diesen Erfolg war hoch: Er bestand in einer Aushöhlung des Parlamentarismus, einer Verschärfung der Wirtschaftskrise, einer Steigerung des sozialen Elends von Millionen Familien und einer bis dahin nicht gekannten politischen Radikalisierung. Brünings Politik beschleunigte den Aufstieg der rechtsextremen, gewaltbereiten NSDAP zu einer staatsgefährdenden Massenbewegung. Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright Bundeszentrale für politische Bildung www.bpb.de
|