1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Weltkrieg/Mobilmachung
 

U-Boot Krieg
Die deutsche Kriegsflotte, des Kaisers »liebstes Kind«, der Stolz des deutschen Volkes, war in den letzten 15 Jahren vor dem Krieg im Eiltempo und mit einem ungeheuren Kostenaufwand zur zweitgrößten Schlachtflotte nach der britischen ausgebaut worden. Seit Kriegsbeginn lagen die schweren Kreuzer und Linienschiffe untätig in den Häfen. Die Seekriegsleitung wagte nicht, mit der gesamten Flotte auszulaufen und die überlegenen britischen Kräfte zur Entscheidungsschlacht herauszufordern. Auch die Engländer hielten ihre Schlachtschiffe in den Häfen zurück, blockierten aber fernab die Nordseeausgänge, um den Nachschub an Lebensmitteln und Rohstoffen aus den neutralen skandinavischen Ländern nach Deutschland abzuschneiden. Es zeigte sich jetzt, dass der riesige finanzielle Aufwand für die Flottenrüstung eine völlige Fehlinvestition gewesen war; denn der strategische Wert der Flotte war gleich null, einige wenige deutsche Kreuzer, die sich bei Kriegsbeginn in überseeischen Gewässern aufgehalten hatten, wurden nach und nach aufgebracht und versenkt.
Die deutsche Seekriegsleitung versuchte nun, mit der neuen Waffe der Unterseeboote einen Handelskrieg zu führen. Sie erklärte die Gewässer um England zum Kriegsgebiet mit dem Ziel, mit den wenigen, einsatzbereiten U-Booten vor Englands Küsten eine Gegenblockade zu errichten. Sehr bald aber kamen die U-Boot-Kommandanten mit dem geltenden Völkerrecht in Konflikt. Nach den auf den Haager Friedenskonferenzen festgelegten Seekriegsbestimmungen durfte die Versenkung eines aufgebrachten Handelsschiffes erst erfolgen, wenn die Besatzung das Schiff in Rettungsbooten verlassen hatte. Zur Untersuchung der Schiffsladung aufgetauchte U-Boote waren aber selbst wegen ihrer geringen Panzerung gefährdet, besonders seit viele Handelsschiffe mit getarnten Schiffsgeschützen ausgerüstet waren. So ging die Seekriegsleitung zum unbeschränkten U-Boot-Krieg über; das bedeutete, dass jedes ausgemachte feindliche Kriegs- oder Handelsschiff ohne Warnung torpediert werden konnte. Dieses Vorgehen rief den heftigen Protest der neutralen Länder und insbesondere der USA hervor, die vorher mehrfach auch gegen die völkerrechtswidrige Seeblockade notwendiger Lebensmittel für die deutsche Bevölkerung Einspruch erhoben hatten. Die Versenkung des britischen Passagierdampfers »Lusitania« am 7. Mai 1915 durch ein deutsches U-Boot, bei der auch 120 amerikanische Staatsbürger ums Leben kamen, führte zu einer schweren Belastung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses. In der Folgezeit wurde der unbeschränkte U-Boot-Krieg aus Sorge vor einer weiteren Verschärfung der Spannungen mit den USA zeitweise ganz eingestellt. Gegen die Bemühungen der Reichsregierung, das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten nicht weiter zu verschlechtern, forderte die Seekriegsleitung und mit ihr die 3. Oberste Heeresleitung jedoch immer dringender die Wiedereröffnung des unbeschränkten U-Boot-Krieges, als dessen Folge sie durch die Erhöhung der Versenkungsziffern auf 600000 BRT monatlich die Niederlage Englands in 5 bis 6 Monaten erwartete. Mit der Unterstützung der Reichstagsmehrheit wurde am 1. Februar 1917 schließlich der uneingeschränkte U-Boot-Krieg wieder aufgenommen. Die optimistischen Voraussagen erwiesen sich bald als völlige Fehlkalkulation. Großbritannien wurde trotz weiterer Erhöhung der Versenkungsziffern (in der Zeit zwischen 1. Februar und 31. Dezember 1917 wurden 6141000 BRT der Alliierten und 1127000 BRT neutraler Staaten versenkt) nicht auf die Knie gezwungen, und die USA erklärten am 6. April 1917 dem Deutschen Reich den Krieg. Den U-Booten gelang es nicht, den Transport der amerikanischen Truppen nach Europa zu stören, geschweige denn zu verhindern. Durch Verbesserung der Abwehrwaffen erlitten sie dagegen immer größere Verluste. Bis Kriegsende verlor die deutsche Marine 178 U-Boote.

Quelle: "Schlaglichter der deutschen Geschichte"
Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung.
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