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Deutsche Geschichten


Hauptstadt Berlin
Die Hauptstadt ist der Sitz der Vertretung des Souveräns eines Staates...

Berlin wird Hauptstadt

Seit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik gemäß Artikel 23 GG am 3. Oktober 1990 ist Berlin, das mit der Reichsgrün-
dung 1871 Hauptstadt des Deutschen Reiches geworden war, nach 40 Jahren Bonner Republik Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Während der als Ergebnis des 2. Weltkrieges und im Zuge des kalten Krieges erfolgten Teilung Deutschlands hatte das 1944 von den Alliierten in drei, später in vier Sektoren aufge-
teilte Berlin aufgrund des Vier-
mächtestatus eine rechtliche Sonderstellung.

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Teilung Berlins

Dennoch erklärte die DDR den sowjetischen Sektor Berlins zur »Hauptstadt der DDR«. Die am 23. Mai 1949 neu gegründete Bundesrepublik sprach sich in einer feierlichen Erklärung für Berlin als Hauptstadt aus, Sitz

der Bundesregierung und des Parlaments und »provisorische Hauptstadt« wurde allerdings Bonn.
40 Jahre Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1990 haben die Bonner Republik zum Synonym für eine friedli-
che west- und europaorien-
tierte Politik werden lassen. Die durch die friedliche Revolution in der DDR von 1989 ermöglichte Vereinigung Deutschlands hat vor diesem Hintergrund zu einer heftigen Debatte darüber geführt, welche Stadt - Berlin oder Bonn - zukünftig Hauptstadt sein sollte. Quer durch alle Parteien machten sich Politiker für die Beibehaltung Bonns stark: Bonn habe sich in 40 Jahren bewährt und in der Welt hohes Ansehen erworben. Das vergrößerte, wieder vereinigte Deutschland würde ohnehin von seinen Nachbarn mit Sorge beobachtet. Berlin als Haupt-
stadt könnte bei ihnen Befürch-
tungen auslösen, dieses wirt-
schaftlich und politisch starke Deutschland strebe einen Großmachtstatus unseligen Angedenkens an. Die Berlin-Verfechter wiesen diese Ängste als unbegründet zurück. Bonn sei immer ein Provisorium bis

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Hauptstadt Berlin

Chronologie
Chronologie 1989-1996

Politische Bildung
Berlins Bedeutung für Deutschland
Berlin liegt im Nordosten Deutschlands und in der Mitte Europas, etwa auf der Breite von London und der Länge von Neapel. Bei Berlin schneiden sich die Achsen Paris-Warschau-Moskau und Stockholm-Prag-Wien -Budapest.

zum Tage der deutschen

Hauptstadt Berlin
Hauptstadt Berlin
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Vereinigung gewesen. Zudem würde Berlin als Hauptstadt die neuen Bundesländer weit stärker in die Bundesrepublik einbinden als Bonn. Schließlich entschied der Bundestag die Hauptstadtfrage mit einer namentlichen Abstimmung nach einer vielstündigen Debatte. Am Abend des 20. Juni 1991 sprachen sich 338 Abgeordnete für Berlin aus, 320 für Bonn. Die unterlegenen Bonn-Befürworter versuchten noch längere Zeit, vor allem mit dem Hinweis auf die hohen Umzugskosten, die Entscheidung infrage zu stellen. Die Bundesregierung aber hielt an dem Umzugsbeschluss fest und begann mit der Planung für den Neubau des Regierungsviertels im Berliner Spreebogen. Aus Kostengründen sollen indessen nicht alle Ministerien einen Neubau erhalten, das Außenministerium z.B. wird das ehemalige Gebäude des Zentralkomitees der SED nutzen. Das ehemalige Reichstagsgebäude wird für den Bundestag umgebaut.

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Reichstag

Jedoch werden in der Bundesstadt Bonn wichtige Politikbereiche erhalten bleiben und gefördert werden. Einige Bundeseinrichtungen werden nach Bonn verlagert, wie u.a. der Bundesrechnungshof. Außerdem erhält die Region Bonn Ausgleichszahlungen für den Verlust des Parlamentssitzes. Allerdings ist Berlin mit der Hauptstadt-Entscheidung noch nicht zu einer allen Deutschen gemeinsamen Stadt zusammengewachsen. Die jahrzehnte-
lange Teilung spiegelt sich sowohl in der politischen Landschaft wider - so ist zum Beispiel die PDS im Ostteil der Stadt stark vertreten, im Westen dagegen eher unbedeutend - als auch in dem Scheitern der Vereinigung der beiden Länder Berlin und Brandenburg. Denn es war nicht zuletzt die in DDR-Zeiten begründete Sorge vieler Brandenburger, dass Berlin erneut auf Kosten seines Umlands begünstigt werden könne, die sie am 5. Mai 1996 gegen die Vereinigung stimmen ließ.

Berlins Regierung und Parlament

Nachdem der Deutsche Bundestag sich am 20. Juni 1991 mit der knappen Mehrheit von 338 zu 320 Stimmen für Berlin als Sitz von Parlament und Regierung entschieden hatte, zogen im Sommer 1999 Bundestag und Bundesregierung von Bonn nach Berlin. Auch der Bundesrat hatte seinen ursprünglichen

Beschluss, in Bonn zu bleiben, wieder umgestoßen und kam ebenfalls nach Berlin. Der Bundespräsident hatte schon 1998 seinen ständigen Amtssitz dorthin verlegt. Das neue Parlamentsviertel im Spreebogen rings um den Reichstag wurde 2001 zu großen Teilen vollendet. Der Masterplan für die Bebauung stammt von den Architekten Axel Schuhes und Charlotte Frank. Das Reichstagsgebäude, das nun den Bundestag beherbergte, krönte eine neue Glaskuppel nach dem Entwurf des britischen Architekten Sir Norman Foster, die zum strahlenden Mittelpunkt der Stadt wurde und täglich Hunderte von Besuchern anzog.

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Reichtagsführung

Die vielen Glasflächen und Durchblicke auf den Plenarsaal innerhalb des Gebäudes deuteten ein »transparentes Parlament« an. Die einstige Frontstadt erlebt den glitzernden Aufschwung zu einer Weltmetropole: »Das süße kleine Bonn war nicht die Realität«, meinte eine SPD-Abgeordnete, »in Berlin erleben wir den Gärungsprozess der deutschen Einheit: Es brodelt, es zischt, es knallt.« Dass auch die Berliner Landespolitik genug Stoff für Aufregungen bietet, zeigte sich im Juni 2001: Im Gefolge der Affäre um die Berliner Bankgesellschaft zerbrach die große Koalition aus CDU und SPD. Durch konstruktives Misstrauensvotum stürzten im Abgeordnetenhaus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und wählten Klaus Wowereit (SPD) zu seinem Nachfolger, der einen rot-grünen Senat bildete - bei Duldung durch die PDS. Für den Oktober 2001 wurden vorgezogene Neuwahlen vereinbart.

23 Meter hoch ragt die Konstruktion über der Dachterrasse in den Himmel. (Quelle: ICE Picture Library)
Foto
In der Glaskuppel:
23 Meter hoch ragt die Konstruktion über der Dachterrasse in den Himmel. (Quelle: ICE Picture Library)

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