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1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Die 68er-Bewegung und ihre Folgen
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"Vesper, Ensslin, Baader - Urszenen des deutschen Terrorismus""
Die Inkubationszeit des Terrors: Gerd Koenen liefert mit dieser biographischen Erzählung, die sich auf unbekannte persönliche Dokumente der Akteure stützen kann, einen Schlüssel zum "Roten Jahrzehnt" der 68er-Revolte. "Vesper, Ensslin, Baader" ist ein Stück Zeitgeschichte der Bundesrepublik und zugleich eine extreme Liebesstory, die ins Herz des deutschen Familienromans führt.
Autor: Gerd Koenen
ISBN: 3-462-03313-1

Gerd Koenen
"Vesper, Ensslin, Baader - Urszenen des deutschen Terrorismus"
Gudrun Ensslin und Andreas Baader waren so etwas wie das Urpaar des deutschen Terrorismus, die Frankfurter Kaufhausbrandstiftung von 1968 der Urakt. Beide verließen sie ihre Lebensgefährten und ihre Kinder, um sich auf den Pfad zu begeben, der zwei Jahre später zur Gründung der RAF führen sollte. Unter welchen inneren Konflikten das geschah, erschließt sich erst aus persönlichen Zeugnissen und Berichten; die zu Ikonen erstarrten Figuren bekommen ein Gesicht und eine Stimme. Bernward Vesper, Sohn des Nazidichters Will Vesper, langjähriger Verlobter Gudrun Ensslins und Vater ihres Kindes, war der unglückliche Dritte in dieser Geschichte. In derselben chaotischen Periode 1069/70, in der Baader/Ensslin in den Untergrund gingen und die ersten bewaffneten Gruppen sich bildeten, ging Vesper auf seinen eigenen Trip. Mit Hilfe von Drogen, erotischen Erfahrungen, theoretischen Lektüren und schonungsloser Selbstanalyse wollte er seinen "faschistischen Charakterpanzer" zertrümmern und sich zum bewussten Revolutionär ausbilden. Sein autobiographischer Bericht "Die Reise" gilt - seit er posthum im "Deutschen Herbst" erschien - als das literarisch bedeutendste und authentischste Dokument dieser zeittypischen Radikalisierungsprozesse.


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Die 68er-Bewegung und ihre Folgen
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Buchauszug
Geschichte einer Reise

In den letzten Wochen seines Lebens, als die Medikamente einen stocksteifen und hellsichtigen Greis aus ihm machten, sprach er mit den Lebenden und mit den Toten, und mit allen in einer anderen Sprache. Er war Odysseus und Hölderlin, Marx und Mao, Jesus und Zarathustra, Reich und Einstein. Nach Milliarden Jahren organischen Lebens auf dem Planeten war jetzt in ihm das Sein zu Bewusstsein gekommen. In einer jähen Erleuchtung seines armen Kopfes hatte er die Weltformel erblickt, die Formel des Lebens, und in einer "botschaft der weltbefreiungsfront an die Völker der Welt" hatte er sie verkündet. Aber die Presseagenturen, die er anrief, wollten die Botschaft nicht verbreiten.
Schon in München hatten die Freunde ihn für übergeschnappt gehalten, als er mit erhobenen Händen die blauen Orgonenströme aus dem durchstrahlten Azur in sich aufnahm, um die schlechten Einflüsse zu bekämpfen, die ihn, Gudruns alten Mo, immer öfter in einen MODJU verwandelten, ein Monster. Als er Ende Februar 1971 abgeholt und eingeliefert wurde, hatte er gerade einer Genossin ein Bügeleisen auf den Kopf geschlagen, weil die Teufelshufe trug, und die Wohnungseinrichtung zertrümmert. Auf dem schneebedeckten Hof war er nackt auf den gesplitterten Brettern herumgesprungen, hatte in die erleuchteten Fenster mit den erschrockenen Kindergesichtern Steine geworfen und geschrien, dass er Jesus sei, der Sohn Gottes. Nachher, als Klaus Dörner und Elken Lindquist ihn aus der Hölle von Haar heraus- und in die Stille, geschlossene Abteilung nach Eppendorf geholt hatten, erfüllte ihn diese Erinnerung mit brennender Scham.
Aber, wie Wilhelm Reich dem skeptischen Kurt Eissler schon 1952 erklärt hatte, bevor er selbst abgeholt und ins Gefängnis geworfen wurde: Wer von der Peripherie durch die "mittlere Schicht" seines Charakterpanzers hindurchstoßen will, um "zum Zentrum zu gelangen, wo das Natürliche, das Normale, das Gesunde liegt", der "muss durch die Hölle gehen". In dieser mittleren Schicht herrschen "Verwirrung, schizophrener Zusammenbruch, melancholische Depression", und schlimmer: "Schrecken, entsetzlicher Schrecken, nicht nur das - auch Mord".
Somit war seine Psychose praktisch die Antwort auf den Bewußtwerdungsprozess. Sie war der Preis, den jeder zahlen musste, der es wagte, zum Kern der Dinge und des eigenen Ichs vorzustoßen, um endlich den gattungsgeschichtlichen Sprung zu vollbringen und ein "neuer Mensch" zu werden. In seinem "philosophischen Tagebuch" notierte Vesper: "wenn das Gehirn aber seine historische Bestimmung erreicht, fließen die Ströme auf einem Zuckermolekül (vergleichbar den nachrichtensatelliten...) und verlassen die hirnrinde, um in der ganzen, bisher ungenutzten masse der zelle einzuziehen, um sie ewig zu bewohnen."
In dieser Zeit, Anfang März 1971, schrieb er aus der Eppendorfer Klinik an den März-Verleger Jörg Schröder, er brauche noch Kohle (wenigstens 2000,-), um das Buch, das politisch immer wichtiger werde, fertig zu machen. "Im Ernst: duch diese komische "Krankheit", die in Wirklichkeit eine Gesundheit ist, habe ich als Schriftsteller einfach ganz neue Qualitäten erhalten, d. h.: die große Übersicht. Ich kann jetzt von einer durchgängig richtigen, materialistischen Gesamttheorie her schreiben, die ich natürlich nicht als Gerippe, sondern mit dem Fleisch der eigenen und der allgemeinen Geschichte servieren will, so wie man in Deutschland seit urlanger Zeit keine Literatur gemacht hat."
Der endgültige Titel sollte jetzt "Logbuch" lauten, nicht "Hass" oder "Trip", wie früher angekündigt. Und wenn Schröder - dessen Privatspekulation auf meinen Namen er übrigens völlig durchschaue - keinen Scheiss mache und mitziehe, werde es der "Messehammer schlechthin".

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Buchauszug
"Nachlass einer Generation"

Tatsächlich gilt Bernward Vespers posthumes Fragment "Die Reise" mittlerweile als "das schlechthin gültige Buch über Bewusstsein und Entwicklung der deutschen Nachkriegsjugend" (Der Spiegel), in dem sich "das kollektive Scheitern jener Generation wider(spiegelt), die Mitte der sechziger Jahre aufbrach, die versteinerte Gesellschaft der westlichen Industriestaaten zu verändern" (Frankfurter Rundschau); "ein fürchterliches Buch, und doch das wichtigste, das in diesem (selbst)mörderischen deutschen Jahr (1977) erschienen ist" ("Die Zeit"). Ein Schweizer Rezensent nannte es gar den "Nachlass einer Generation", unwiderlegbar beglaubigt durch den Selbstmord des Verfassers im Mai 1971. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ist es in immer neuen Auflagen und Ausgaben erschienen; bis heute zählt es zum Lektürekanon germanistischer Seminare und hat inzwischen seinen festen Platz in der bundesdeutschen Kultur- und Literaturgeschichte gefunden.
Sieht man sich das originale Konvolut der tagebuchartig datierten, eng und randlos beschriebenen, in manischen Schüben zu Papier gebrachten Manuskriptseiten und die begleitenden Mappen voller fliegender Blätter, Karteikarten, Notizhefte, Ausrisse, Zeichnungen und Fotos an, denkt man allerdings eher an eine Flaschenpost. Es ist der lange, täglich fortgesetzte Brief eines Ertrinkenden, Abgleitenden, aus der Zeit Gefallenen, gerichtet an alle und niemanden.
Dass dieses Fragment überhaupt noch in die Kunstform eines "Romanessays" gebracht und gedruckt worden ist, dass es in der Literaturgeschichte der Bundesrepublik überhaupt einen Autor namens Bernward Vesper gibt und damit (neben den Hinterlassenschaften bei Freunden und Verwandten) auch einen zugänglichen Nachlass im Deutschen Literaturarchiv in Marbach, ist das Ergebnis einer fast zufällig wirkenden Verkettung von Umständen. In seinem "Siegfried" -Monolog aus dem Jahr 1972, kurz nach dem Zusammenbruch des März-Verlags, hatte Jörg Schröder noch gesagt:"In den Zeitungen hat man von diesem Selbstmord nichts gelesen... Das Rohmanuskript des ungefähr in der Mitte abgebrochenen Buchs liegt bei mir. Er muss sich umgebracht haben, weil er ahnte, dass es mit diesem Buch nichts wird... (Ich) wäre genauso daran zerbrochen."
Schröders Bemühungen, das fragmentarische Manuskript bei anderen Verlagen (Rohwolt, Suhrkamp, Wagenbach) unterzubringen, schlugen fehl: Zu wirr, zu redundant, hieß es; eine unzumutbare Arbeit, diesen Text in eine lesbare Form zu bringen; dazu die absehbaren Scherereien mit all denen, die in diesem Stück schonungsloser Selbstentblößung "vorkamen". Das Vesper der Sohn eines völkischen Großdichters und der Ex-Verlobte einer RAF-Terroristin war, war schließlich kein Adelsprädikat. Außerdem war dieser Ex-Kollege als Herausgeber der Kampf- und Bewegungsschriften der "Edition Voltaire" und zum Schluss als ausgeflippter Narkomane ihnen lange genug auf die Nerven gegangen. War sein Selbstmord nicht einfach der Offenbarungseid eines am eigenen Größenwahn Gescheiterten?
So musste erst das Drama von Stammheim mit dem Selbstmord Ulrike Meinhofs (kurz nach dem Hungertod von Holger Meins) sich zu antikem Tragödienformat steigern, damit Jörg Schröder in einem Akt verlegerischer Intuition sich im Sommer 1976 des halb vergessenen und vergilbten Manuskriptpackens in seinem feuchten Landhaus-Keller entsann und es auf sich nahm, nach dem beim Verlag vorhandenen Durchschriften selbst eine erste Lesefassung zu erstellen. Im Juli 1977 erschien sie unter dem Titel "Die Reise" in der Edition "März bei Zweitausendeins".
Die ersten Rezensionen waren eher missmutig, der Verkauf lief schleppend - bis die Zuspitzung des "deutschen Herbstes" das Buch plötzlich in eine ganz andere, tragisch umwitterte Perspektive rückten. Wenn irgendetwas, so schien es, dann musste dieser autobiographische Bericht des ersten Lebensgefährten von Gudrun Ensslin und Sohns des "Nazidichters" Will Vesper Licht in die Vorgeschichte dieser bleiernen Zeit und ihrer Protagonisten werfen. Das Buch wie der frühe Selbstmord seines Autors erschienen nun wie eine metaphorische Vorwegnahme der Ereignisse, die die Republik erschütterten. Damit gewann diese Prosa eine Eindringlichkeit, die sie vorher nicht besessen hatte. Schreiben: "Harakiri, ich ziehe meine Gedärme heraus. Dazu die totale ISOLATION. Konfrontiert mit den Tasten, der Walze, der kahlen Wand. Gefängnissituation." Auf einmal wirkte der Text wie eine Anrufung aus sämtlichen Verliesen der deutschen Geschichte. So war es fast schon ein Gemeinplatz, als Heinrich Böll Vespers Buch zum Beleg nahm, dass wir alle ... "Hitlers Children" seien. Damit zitierte er den Titel von Jillian Beckers "Story of the Baader-Meinhof-Gang", eines internationalen Bestsellers des Jahres 1977.
Tatsächlich transportierte die griffige Formel "Hitlers Kinder" jedoch vollkommen entgegengesetzte Bedeutungen. Die britische Journalistin und Romanautorin Becker wollte demonstrieren, dass die deutschen Terroristen mit "Nazimethoden" gegen einen Staat ankämpften, der eben nicht mehr faschistisch war, sondern zum ersten mal eine Demokratie westlichen Zuschnitts, und den sie genau deshalb fanatisch hassten. In der linken und liberalen deutschen Öffentlichkeit dagegen, für die Böll sprach, hatte in den obskuren Selbsttötungen der Stammheimer Gefangenen wie im Fememord an Schleyer eine "unbewältigte deutsche Vergangenheit" ihren Tribut gefordert - wie immer das auch zusammenhing.
"Die Reise" jedenfalls avancierte über Nacht zum Generationsdokument par exellence, zu einem prototypischen Kapitel des deutschen Familienromans, worin der rebellische Sohn am faschistischen Vater und der restaurativen Gesellschaft zerbricht und stirbt.
Anti-Ödipus, Anno 68.

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Buchauszug
Die Farbe Weiß

Die mythische Aura, in die die RAF sich von Beginn an gehüllt hat, war vielleicht der entscheidende Teil ihre Wirkungsgeschichte. Schon die Namensgebung griff tief ins Arsenal der deutschen Schreckensbilder und ließ an den apokalyptischen "Blitz" der britischen Bomber wie das tellurische "Urrah" der Rotarmisten denken. Damit setzte die RAF eine mit historischen Assoziationen überfrachtete Bildermaschine in Gang, die bis heute nicht zum Stillstand gekommen ist und sich der kollektiven Erinnerung dauerhaft eingeprägt hat.
Zum eisernen Bestand dieser Mythen gehört jenes System von Tarnnamen, das Gudrun Ensslin bald nach der Inhaftierung der Kerngruppe 1972 ersonnen und überwiegend aus Herman Melvilles Roman "Moby Dick" entlehnt hat. Baader firmierte darin als "Ahab", der Kapitän des Schiffs, der die Jagd auf den weißen Wahl anführte, und seine Zelle war die "Kajüte". Holger Meins hieß "Starbuck" nach dem auf Gedeih und Verderb an Ahab gefesselten Steuermann, der geschickte Jan-Carl Raspe war der Zimmermann, der junge Gerhard Müller der edle Wilde "Quiqueg", Horst Mahler der pharisäerhafte Schiffseigner "Bildad", und sie selbst firmierte als "Smutje", der "die Töpfe spiegelblank hält und gegen die Haie predigt". Ulrike Meinhof dagegen wurde "Theres" benannt, worunter man wahlweise an eine Heilige oder an eine Hure á la Genet denken konnte. In Wirklichkeit sind diese Tarnnamen im regen schriftlichen Verkehr der Kassiber und Zirkulare kaum je benutzt worden, zumal sie gleich aufflogen, mit Ausnahme der Bezeichnung Baader als "Ahab" und Meinhofs als "Theres", die sich länger hielten.

Die Weiße des Schreckens

Tatsächlich verriet diese literarische Metaphorik viel über das Projekt der "RAF" und über seine Autorin, als die man Gudrun Ensslin durchaus sehen kann. Alles war zugeschnitten auf die Person des "Ahab", dem sie in einem Brief an Ulrike alias "Theres" mit den großartigen Worten Melvilles huldigte: "Und sollte von Geburt an oder durch besondere Umstände hervorgerufen tief auf dem Grunde seiner Natur etwas Krankhaftes sein eigensinnig grillenhaftes Wesen treiben, so tut das seinem dramatischen Charakter nicht den geringsten Eintrag. Alle tragische Größe beruht auf einem Bruch in der gesunden Natur, des kannst du gewiß sein...".
Sie jedenfalls hatte (wie Ismael, der Ich-Erzähler des Romans) ihr Schicksal völlig an das dieses düsteren Mannes und seiner von mörderischer Rachsucht gepeitschten Jagd auf den weißen Leviathan gebunden; und wenn die Mannschaft den tieferen Zweck und das absehbare Ende nicht wirklich kannte, so tat das der Größe des Unternehmens "nicht den geringsten Eintrag". Denn, wie sie in einem ihrer Briefe aus der Brandstifterhaft als revolutionäres Credo formuliert hatte: "was dem europ. Kampf um den Sozialismus seit 100 J. fehlt, ist doch das wahnsinnige Element ...". Der Kampf der Roten Armee Fraktion war somit, wie der Ahabs, ein Akt jenes existenziellen Heroismus, der sich nach Nietzsche als "der gute Wille zum Selbstuntergang" bestimmte.
Melvilles Welt ist noch die seiner calvinistischen Vorfahren, eine untergehende Welt freier Menschen, die sich selbst ihr Gesetz geben, jenseits der heraufziehenden industriellen Zivilisation und der Herrschaft des Geldes. Der weiße Wal, den Ahab auf Leben und Tod jagt und der ihn und das Schiff mit Mann und Maus schließlich in die Tiefe reisen wird, ist das größte lebende Säugetier und gilt von alters her als Inbild des mythischen "Leviathan", der von Thomas Hobbes als Symbol des neuzeitlichen Zentralstaates verwendet wurde, "der nichts anderes ist als ein künstlicher Mensch"; moderner gesprochen: die Verkörperung des Gemeinwesens selbst, das sich alle Individuen, Gruppen, Korporationen mit Gewalt unterordnet. Das war eine unter den vielen Referenzen, die Melville seinem Roman voranstellte. Die italienischen Linken bezeichneten die Democrazia Cristiana, die den Senat als Erbhof gepachtet zu haben schien, als den "weißen Wal". Auch das mochte bei Gudrun Ensslin im Hinterkopf mitspielen.
Aber sie mag sich auch an das berühmte Kapitel Melvilles über "Die Weiße des Wals" erinnert haben, worin es heißt: "Aber noch immer habe ich das Geheimnis dieser Weiße nicht gelöst und noch nicht in Erfahrung gebracht, wie es kommt, dass sie die Seele mit solcher Gewalt in Verwirrung bringt, und dass sie, was noch seltsamer und bedrohlicher ist ... zwar das häufigste Sinnbild geistiger Dinge, ja in der Tat der wirkliche Schleier der Gottheit der Christenheit ist und trotzdem alles steigert, was die Menschheit am meisten in Schrecken versetzt. - Ist es ihre Wesenlosigkeit, die an die herzlose Leere und Unermeßlichkeit des Universums erinnert und uns hinterrücks mit dem Gedanken an die Vernichtung überfällt ...? Oder liegt es daran, dass das Weiß in seinem Wesen nicht so sehr eine Farbe als der sichtbare Mangel an Farbe und gleichzeitig doch die Summe aller Farben ist? ... (Wenn) wir das alles in Betracht ziehen, dann liegt die Welt gelähmt und wie vom Aussatz befallen vor uns."

Quelle: Gerd Koenen
Vesper/Ensslin/Baader - Urszenen des deutschen Terrorismus
ISBN: 3-462-03313-1
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003

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