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1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Weltweite Wirtschaftskrise
 

Politische Radikalisierung
In dem Maße, wie sich die Talfahrt der Wirtschaft beschleunigte und Millionen Familien verarmten und verelendeten, verhärteten sich die politischen Auseinandersetzungen. Am 10. Februar 1931 zog die "nationale Opposition" (DNVP und NSDAP) unter Protest für mehrere Wochen aus dem Reichstag aus, nachdem eine vom "Brüning-Block" beschlossene Änderung der Geschäftsordnung unsachliche Anträge, wie sie von den Rechtsparteien bevorzugt wurden, künftig erschwerte. Damit gaben Deutschnationale und Nationalsozialisten gewissermaßen das Startsignal zur Verlagerung der politischen Kämpfe auf die Straßen und in die Versammlungslokale der Parteien, vor allem aber zum verschärften Einsatz ihrer Wehrverbände:
·Seit Ende 1918 verfügte die DNVP über den von dem Magdeburger Fabrikanten Franz Seldte gegründeten "Stahlhelm - Bund der unbesiegt heimgekehrten Frontsoldaten" mit rund einer Million Mitglieder.
·1921 hatte die NSDAP die "Sturmabteilung" (SA), 1925 die elitäre "Schutzstaffel" (SS) gegründet. Die SA umfasste Anfang 1932 rund 420000 Mann, die SS etwa 52000.
Diese paramilitärischen Verbände der Rechtsparteien suchten die gewaltsame Auseinandersetzung mit den Wehrverbänden der politischen Linken:
·Als Reaktion auf den Hitler-Putsch hatte die SPD unter Beteiligung von DDP und Zentrum im Februar 1924 das "Reichsbanner Schwarz Rot Gold - Bund der republikanischen Frontsoldaten" gegründet, dessen Mitgliederzahl bei einer Million lag (davon 90 Prozent Sozialdemokraten).
·Die KPD besaß seit August 1924 (als Nachfolger der "Proletarischen Hundertschaften") den "Roten Frontkämpferbund" (RFB), dem 1927 ca. 130000 Mann angehörten.
Alle Verbände waren mehr oder weniger uniformiert (einheitliche Stiefel, Koppel, Schulterriemen, Armbinden, Mützen; SA: braune Hemden) und besaßen geheime Waffenlager.
So wurde politische Gewalt jetzt zu einer alltäglichen Erscheinung. Die Jahre 1931 und 1932 waren geprägt von sich häufenden, zunehmend blutiger verlaufenden Straßenkrawallen und Saalschlachten, vor allem zwischen RFB und SA. In manchen Städten herrschten, besonders sonntags, mitunter bürgerkriegsähnliche Zustände. Dabei kam die Polizei oft zu spät; auch sympathisierten immer mehr Polizisten mit den Rechtsverbänden. Politische Mordanschläge, die man seit 1923 überwunden geglaubt hatte, wurden wieder zahlreicher begangen - sowohl von Nationalsozialisten als auch von Kommunisten.
Dass in Preußen noch immer ein sozialdemokratischer Ministerpräsident die Regierung einer Weimarer Koalition anführte, war der politischen Rechten seit langem ein Dorn im Auge. Im Frühjahr 1931 leitete der "Stahlhelm" ein (auch in der Verfassung des Landes Preußen vorgesehenes) Volksbegehren für die sofortige Auflösung des preußischen Landtages ein. Es wurde unterstützt von DNVP, NSDAP und KPD - die Kommunisten schreckten bei ihrem Kampf gegen die Sozialdemokraten nicht einmal vor einem Bündnis mit den Rechtsradikalen zurück. Die Aktion wurde jedoch ein völliger Fehlschlag: Beim Volksbegehren kam die erforderliche Mindestzahl von Unterschriften nur knapp zusammen, beim Volksentscheid am 9. August 1931 fehlten rund 3,4 Millionen Stimmen.
Die verschärfte Regierungskritik der Rechtsparteien und ein Wechsel der DVP in die Opposition veranlassten Hindenburg und Brüning am 7./9. Oktober 1931 zu einer Kabinettsumbildung. Mehrere Minister wurden ausgetauscht. Brüning selbst übernahm zusätzlich das Auswärtige Amt, Reichswehrminister Groener auch das Innenministerium - eine gefährliche Machtkonzentration. Das zweite Kabinett Brüning sollte nach Hindenburgs Wunsch von den Parteien und vom Parlament noch unabhängiger sein; es signalisierte einen weiteren Rechtsruck bei den Machtträgern des Präsidialregimes.


Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright
Bundeszentrale für politische Bildung
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