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1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Versailles
 

Linksradikalismus
Bei der politischen Linken trieb die Enttäuschung über die stecken gebliebene Revolution die Radikalisierung voran. Unter der Dominanz ihres linken Flügels näherte sich die USPD den politischen Positionen der KPD an: Im Dezember 1919 propagierte auch sie die "Diktatur des Proletariats" und beharrte auf dem Rätesystem als Form der "Organisation der sozialistischen Gesellschaft". Durch die damit verbundene Fundamentalopposition gegen die Weimarer Republik blieb die Kluft zwischen USPD und MSPD vorerst unüberbrückbar.
Am 13. März 1920 verabschiedete die Nationalversammlung (die seit Ende September 1919 wieder im Berliner Reichstagsgebäude tagte) das Gesetz über die Betriebsräte. Es ging insofern über den Stinnes-Legien-Pakt deutlich hinaus, als es nicht nur in Betrieben mit mehr als 50, sondern schon mit mehr als 20 Beschäftigten den Betriebsräten der Arbeiter und Angestellten ein Mitspracherecht bei Einstellungen, Entlassungen und Arbeitsbedingungen einräumte. Gleichwohl folgten 40000 Demonstranten den Aufrufen von KPD und USPD zum "Kampf gegen das Betriebsrätegesetz, für das revolutionäre Rätesystem" und protestierten stundenlang vor dem Reichstag, der von der Berliner Sicherheitswehr geschützt wurde. Als die Polizisten den Eindruck gewannen, dass die Menge das Gebäude stürmen wollte, begannen sie zu schießen. 42 Menschen starben, 105 wurden verletzt. Reichspräsident Ebert verhängte den Ausnahmezustand; KPD- und USPD-Zeitungen wurden wochenlang verboten.
Diese verfehlte und außer Kontrolle geratene gemeinsame Aktion der beiden linksradikalen Parteien vertiefte den politischen Streit in der USPD. Noch im selben Jahr drängte der linke Flügel auf den Beitritt zur "Kommunistischen Internationale" (Komintern), dem von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) gesteuerten Dachverband der internationalen kommunistischen Parteien. Dadurch wurde eine Spaltung unvermeidlich. Im Dezember 1920 vereinigte sich die USPD-Linke mit der KPD, deren Mitgliederzahl dadurch sprunghaft anstieg. Im September 1922 schloss sich die Rumpf-USPD der MSPD an; die neue Partei nannte sich zunächst "Vereinigte Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (VSPD), später wieder SPD. Künftig war das neu formierte linke Lager durch den Gegensatz zwischen revolutionärer KPD und reformorientierter SPD geprägt.


Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright
Bundeszentrale für politische Bildung
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