1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Versailles
 

Versailler Vertrag
Die Pariser Friedenskonferenz tagte seit dem 18. Januar 1919 unter dem Vorsitz des französischen Ministerpräsidenten Clemenceau im Beisein von Delegierten aus 32 Staaten. Vertreter der ehemaligen Feindmächte waren nicht zugelassen.
Die Entscheidungen fielen im Wesentlichen im "Rat der Vier", zu dem neben dem französischen Ministerpräsidenten der amerikanische Präsident Wilson, der britische Premierminister Lloyd George und der italienische Regierungschef Orlando gehörten. Über die den besiegten Völkern aufzuerlegenden Friedensbedingungen kam es wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Verbündeten, bis schließlich die Delegationen der Unterlegenen zur Entgegennahme der Vertragsbestimmungen aufgefordert wurden. Die deutschen Abgesandten unter Führung des Grafen Brockdorff-Rantzau erhielten am 7. Mai 1919 das fertig gestellte Vertragswerk ausgehändigt. Eine mündliche Verhandlung wurde ihnen nicht zugestanden, sie konnten sich lediglich schriftlich zu den einzelnen Punkten äußern. Die Bekanntgabe der Bedingungen rief in Deutschland über alle Parteien hinweg helle Empörung hervor. Deutschland sollte an seinen Grenzen, vornehmlich im Westen und Osten, Gebietsverluste von etwa 70 000 km2 hinnehmen und sämtliche Kolonien verlieren. Neben der demütigenden Behandlung der deutschen Delegation in Versailles waren es vor allem die Entwaffnungsbestimmungen, die geforderte Auslieferung des ehemaligen Kaisers und noch zu benennender Generale und Politiker als Kriegsverbrecher sowie besonders der Kriegsschuld-Artikel, in dem Deutschland die alleinige Schuld am Krieg anerkennen und die Verantwortung für alle entstandenen Schäden übernehmen sollte - das Ausmaß der zu übernehmenden Wiedergutmachungsleistungen, der Reparationen, war noch gar nicht abzusehen -, die auf einhellige und entschiedene Ablehnung im Volk und im Parlament stießen. Die Regierung Scheidemann trat zurück. In der Nationalversammlung wurde unter dem Druck eines Ultimatums der Alliierten, den Krieg wieder aufzunehmen und Deutschland militärisch zu besetzen, wenn nicht binnen einer gesetzten Frist der Vertrag unterschrieben werde, heftig über die Frage der Unterzeichnung gestritten. Schließlich setzte sich die Ansicht durch, dass dem entwaffneten und wehrlosen Land keine andere Möglichkeit mehr blieb, als den Vertrag zu akzeptieren. Am 28. Juni 1919 unterzeichneten die Minister Hermann Müller (SPD) und Hans Bell (Zentrum) den Vertrag. Obwohl sich alle Parteien in der Nationalversammlung vorher gegenseitig ehrenhafte Motive für ihre Einstellung zu dieser schicksalsschweren Entscheidung zugebilligt hatten, wurde dennoch die Annahme des Versailler Vertrages bald von der politischen Rechten den Parteien der Weimarer Koalition als Kapitulation und Verrat an der Nation angelastet.
Der Vertrag ist auch in Großbritannien und vor allem in den USA, die ihn nie ratifiziert haben, auf heftige Kritik gestoßen. In der Sicht heutiger Historiker und im Rückblick der Generationen, die den totalen Zusammenbruch von 1945 erlebt haben, wird das Vertragswerk sehr viel objektiver und emotionsfreier gesehen. Zwar wird zugegeben, dass die Bestimmungen des Vertrages für die junge Demokratie eine außerordentliche Belastung bedeutet haben, zumal ihre Politiker im Glauben an die von Wilson zur Grundlage erhobene Völkerverständigung nach Versailles angereist waren. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass das Deutsche Reich in seinem Gefüge weitgehend erhalten blieb und in relativ kurzer Zeit, in der Ära Stresemann, wieder den Rang einer europäischen Großmacht einnehmen konnte.

Quelle: "Schlaglichter der deutschen Geschichte"
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