1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Deutsche Revolution
 

Rätesystem oder Parlamentarismus
Über private und staatliche Betriebe, über Regierungen, Verwaltungen und Militärbehörden aller Ebenen hatte sich ein locker geknüpftes Netz aus revolutionären Gremien gelegt, das vom Rat der Volksbeauftragten über die Revolutionsregierungen in den Bundesstaaten bis zu den regionalen und lokalen Arbeiter- und Soldatenräten reichte. Es stützte sich auf die bewaffnete Macht der Soldaten, die Streikmacht der Arbeiter und die Demonstrationsmacht der Massen. In diesem provisorischen Gebilde aus alten und neuen Strukturen dominierte die MSPD. Hinter ihr standen die meisten Arbeiterräte und fast alle Soldatenräte. Ihr Parteiapparat bildete in Verbindung mit den Gewerkschaftsorganisationen ein eigenes, ausgedehntes Kommunikations- und Kooperationsnetz. Durch die Zusammenarbeit mit der USPD - und in ländlichen Städten auch mit bürgerlichen Katholiken und Liberalen - hatte die MSPD die linksradikale Minderheit, namentlich die Spartakisten, fast völlig aus den Räten heraushalten können. Außerdem hielt sie eine strategische Schlüsselstellung in Händen:
"Durch das Aufeinandertreffen der beiden Bewegungen - quasi-legale Machtüberleitung 'von oben', revolutionäre Machtbildung 'von unten' - kam Friedrich Ebert, der Führer der Mehrheitssozialisten, in eine Doppelstellung und -funktion hinein [...]. Er war noch ernannter Reichskanzler und damit von der alten Ordnung beglaubigter Macht- und Entscheidungsträger, gewissermaßen eine Brücke der Legalität; zugleich stützte er sich als Vorsitzender des Rats der Volksbeauftragten auf die revolutionäre Legitimität und stand ihr gegenüber in Verantwortung." (Ernst-Wolfgang Böckenförde) Der von Ebert geleitete Rat der Volksbeauftragten stand vor äußerst schwierigen Aufgaben. Zum einen galt es, Chaos und Hunger zu verhindern. Acht Millionen Soldaten waren zu demobilisieren und wieder in den Wirtschaftsprozess einzugliedern; davon mussten 3,5 Millionen Mann den Waffenstillstandsbedingungen entsprechend in kürzester Frist über den Rhein ins Reich zurückgeführt werden. In Anbetracht der anhaltenden alliierten Seeblockade war alles zu tun, um die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Heizmaterial (Kohle) zu gewährleisten. Darüber hinaus ging es darum, ein Mindestmaß an innerer und äußerer Sicherheit aufrechtzuerhalten und insbesondere die Einheit des Reiches in Süd- und Westdeutschland gegen separatistische Tendenzen, im östlichen Grenzgebiet gegen polnische Expansionsbestrebungen zu behaupten.

Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright
Bundeszentrale für politische Bildung
www.bpb.de


 
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